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Verzeigung und Strafe

Shit happens 9

Verzeigung wegen THC-Konsums

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Diese Seite als PDF Beispiel einer Busse wegen Konsumhandlungen

Vorbemerkung: Beim Ordnungsbussenverfahren wird kein Protokoll erstellt und die Polizei kann direkt eine Busse ausstellen (wie beim Falschparken).

Doch wer mehr als 10 Gramm dabeihat oder früheren Konsum zugibt, wird polizeilich verzeigt. Dazu erstellt die Polizei ein Protokoll, meist ein Standardprotokoll wie im Beispiel oben.

Je mehr illegale Handlungen du zugibst, desto höher kann die Bestrafung ausfallen. Wenn du dieses Protokoll unterschreibst, ist dieses Dokument deine Aussage und aufgrund derer wirst du bestraft. Also nur zugeben, was du halt zugeben musst (das Gras auf dir zum Beispiel) und niemals mehr zugeben und das Protokoll vor dem Unterschreiben genau durchlesen und bei Fehlern protestieren. Auch deinen Händler solltest du nicht nennen, sonst werden sie versuchen, diesen dingfest zu machen und zu bestrafen. Kooperation mit der Polizei nützt dir nie etwas. Alles, was du ihnen an Beweisen mit deiner Aussage lieferst, müssen sie nicht mehr beweisen, du lieferst dich also selber ans Messer. Und: Je mehr Konsum du zugibst, desto eher kommt das Strassenverkehrsamt auf die Idee, deine Fahrtauglichkeit zu überprüfen. Denn all deine Aussagen stehen nachher in den Akten, für lange Zeit, und es kann sein, dass du immer wieder damit konfrontiert wirst (zum Beispiel bei einer Scheidung, wenn es um das Sorgerecht für die Kinder geht).

Du musst dieses Protokoll auch gar nicht unterschreiben, damit hast du dann einfach keine Aussage gemacht und die Polizei muss dich aufgrund der vorgefundenen Sachlage verzeigen oder weitere Beweise erbringen (was aber häufig zu aufwändig ist).

Sobald es um eine Verzeigung wegen Weitergabe geht, also um ein Vergehen, wird das Protokoll sehr viel ausführlicher, dann werden oft mehrstündige Einvernahmen wörtlich protokolliert, was schnell ganze Ordner füllen kann. Auch wenn du die Lieferantin nennst, wird ein Zusatzprotokoll erstellt, damit man die Mengen abschätzen und dann den Dealer damit konfrontieren kann. Aussagen von Konsumierenden sind immer wieder wichtige Indizien, um THC-Handeltreibenden ein Vergehen nach­weisen zu können.

Ergänzung Herbst 2015: Die polizeiliche Einvernahme

(Erkenntnisse aus der polizeilichen Samenverfolgung im Frühling/Sommer 2015.)

Unterschätzen sollten die Vorgeladenen eine po­lizeiliche Ein­­vernahme nie. Es geht um kriminelle Hand­lungen: Man muss aufpassen, was man sagt. Da die allermeisten Betroffenen zum ersten Mal mit der Polizei zu tun hatten, hatten sie keine Ahnung, was auf sie zukam.

Für die Polizei hingegen ist das Alltag: Ver­däch­tige befragen, Druck aufsetzen, Ge­ständ­nisse erzielen. Dafür sind sie ausgebildet und bezahlt. Profi trifft also auf Nicht­profi. Das Ungleichgewicht ist sehr gross!

Das Protokoll

Zentrales Ergebnis einer polizeilichen Einver­nahme ist das Protokoll, möglichst mit Ge­ständ­nissen. Auch wenn die Polizeibeamten nichts zu sagen haben über das Strafmass (das wird anschliessend vom Stadt­richter-/Statt­hal­ter­amt oder der Staatsanwaltschaft be­­stimmt), so ist doch ihr Protokoll das entscheidende Element für alle weiteren Schritte.

Schweigen…

Grundsätzlich gilt, und wir können es nicht ge­nug betonen: Schweigen, die Aussage (we­nig­s­tens teilweise) verweigern, wenn Fragen über illegale Handlungen gestellt werden. Sonst liefert man sich nur selber ans Messer. Doch ist das leichter gesagt als getan.

Es gab durchaus Fälle, bei denen Betroffene überzeugt in die Befragung gingen: Ich werde nichts sagen. Und verblüfft herauskamen, weil sie sowohl ausgesagt als auch der «freiwilligen» Hausdurchsuchung zugestimmt hatten. Wie gesagt, es ist nicht so einfach. Umso wichtiger ist es, sich wirklich vorzunehmen, die Aus­sage ganz oder teilweise zu verweigern. Es ist schlicht das beste Mittel, das die Befragten in einer solchen Situation haben.

…oder aussagen?

Die meisten Betroffenen konnten sich nicht vor­­stellen, die Aussage ganz zu verweigern oder das Bestellen abzustreiten (und die Un­gewissheit über das Weitere auszuhalten).

Wenn Betroffene aussagen, dann ist das Beste: Zugeben, die Samen be­stellt zu haben und dass sie für den eigenen Konsum gedacht wa­ren. Damit gibt man eine illegale Handlung zu: die kleinstmögliche, eine Übertretung.

Die Fragen nach dem bisherigen Konsum hätten die meisten nicht beantworten müssen, aber es ist schwierig, die begonnene Aussage hier einfach zu stoppen. Viele Betroffene ha­ben dann halt einen geringen Konsum (zum Beispiel alle paar Monate bei einem Fest) zu­ge­geben.

Natürlich können die Befragten auch einfach ihr ganzes Konsumleben gestehen, für die Bus­se macht es in den meisten Gegenden keinen Unterschied: Es gibt eine Standard­busse we­gen Kon­sums/Vorbereitungshandlungen.

Doch die Krux ist: Wenn einmal in einem polizeilichen Protokoll steht, dass jemand zugegeben hat, regelmässig zu konsumieren, dann wird das Strassenverkehrs­amt (und manchmal auch weitere Ämter) einen Verdacht auf Dro­gensucht entwickeln.

Ein Vergehen ist schnell erreicht

Einige dachten, dass sie es für sich besser ma­chen könnten, wenn sie von den bestellten Hanfsamen ein paar verschenken wollten: «ist ja nicht nur für mich». Dieser «Logik» folgen Betroffene immer wieder. Aber die Fol­gen sind fatal: Mit diesem Geständnis katapultiert man sich selber von der Ebene der Übertretung zum Vergehen, der höheren Stufe der Kriminalität. Das führt immer zu einem Straf­registereintrag, selbst wenn nur ein einziger Hanfsa­me hätte verschenkt werden sollen.

Auch wer die Bestellung zwar gestand, aber nicht zugab, die Samen für den Eigenbedarf bestellt zu haben (um nicht als Drogenkon­sument in die Fänge des Strassenverkehrs­am­tes zu geraten), wurde gelegentlich als voll kri­minell bestraft. Es gibt tatsächlich Staats­an­walt­schaften, die dann einfach finden: Im­port ist grundsätzlich ein Vergehen (BetmG 19), also gibt es eine Bestra­fung wegen eines Ver­gehens, auch wenn es nur um drei Hanf­samen geht. BetmG 19a ziehen sie nur dann allenfalls in Betracht, wenn die Aussage klar «für den eigenen Konsum» umfasst.

➡ Die einzige sinnvolle Ausnahme zum Schwei­gen ist zu sagen, dass der Import/Besitz/An­bau von illegalen Hanfprodukten für den ei­ge­nen Konsum bestimmt ist (BetmG 19a). Weiter­gabe (BetmG 19) müssten die Behörden dann beweisen.

Eifrige oder effiziente Polizeien

Bei den Einvernahmen gibt es die eifrigen Be­amten: Akribisch wird alles aufgeschrieben und versucht, die Betroffenen zu Geständ­nissen zu drängen (vor allem zu Weitergabe­handlun­gen); das Pro­tokoll wird in diesem Sinne zugespitzt; sie wollen Urinproben und zum Schluss noch einen Blick in die Wohnung werfen (eine «freiwillige» Haus­durch­suchung, die gleich im An­schluss an die Befragung zwecks «Überprüfung der Aussagen» durchgeführt wird). Wer mit dem Auto vorfährt wird sofort des Fah­rens unter Drogen verdächtigt… Somit kann die Einvernahme mit allem Drum und Dran gut einen halben Tag dauern.

Gelegentlich taucht ein anderer Polizeityp auf, der den Betroffenen «ausserhalb des Pro­tokolls» erklärt, ihn interessierten weitere Details nicht, er wolle den Fall einfach effizient abschliessen. Er brauche ein Ge­ständnis der Samenbestellung für den Eigen­konsum, dann werde das verzeigt und für ihn sei es damit getan. Das stimmt ja auch: Er hat eine gestandene illegale Handlung und das genügt, um eine Busse ausstellen zu können. In solchen Fällen dauert die Befragung noch eine Vier­tel­stunde.

Übersicht über die Probleme rund um eine polizeiliche Einvernahme

Die polizeiliche Einvernahme

Diese Seite und Text dazu als PDF: Dritte Ergänzung zu Shit happens 9, August 2015



Verschiedene Dokumente rund um die polizeiliche Einvernahme

Beispiel einer protokollierten vollständigen Aussageverweigerung Beispiel eines Hausdurchsuchungsprotokolls
Protokoll einer vollständigen Aussageverweigerung Protokoll Hausdurchsuchung Bern

Vor allem in Bern gab es immer wieder Hausdurchsuchungen, die gleich im Anschluss an die Befragung stattfanden. Ein enormer Aufwand, der häufig zu gar nichts führte.

In Bern gab es viele Verurteilungen wegen Vergehen. Vor allem ermittelten die Behörden dort von Anfang an immer mit Verdacht auf ein Vergehen. So war standardmässig halt Vergehen bei den Verzeigungen eingestellt. Hier ein Beispiel, wo dieser Anfangsverdacht handschriftlich geändert wurde: von BetmG 19 zu BetmG 19a, also von Vergehen zu einer Übertretung heruntergestuft.

Beispiel eines Anzeigerapports, mit Rückstufung von Vergehen auf Übertretung
Anzeigerapport Bern mit Rückstufung Vergehen->Übertretung, Seite 1 Anzeigerapport Bern mit Rückstufung Vergehen->Übertretung, Seite 2
Beispiel einer begründeten Nichtanhandnahme- und Überweisungsverfügung, mit Rückstufung von Vergehen auf Übertretung
vergehen_zu_uebertretung_1.jpg vergehen_zu_uebertretung_2.jpg vergehen_zu_uebertretung_3.jpg

Strafe wegen THC-Konsums

Aufgrund der polizeilichen Verzeigung folgt dann die Strafe, gefällt durch Stadtrichter- oder Statthalteramt, allenfalls Staatsanwaltschaft. Solche Bussen aus der ganzen Schweiz sammeln wir seit Jahren. Dabei gibt es alle möglichen Beträge (Busse und Gebühren): unter anderem 250, 170, 650, 265, 3’010, 768, 258, 160, 233, 230, 588 Franken – diese kannst du dir als Faksimile anschauen:

Strafbefehle 2016 • Für das laufende Jahr haben wir noch keine Strafbefehle erhalten. Wenn du ein aktuelles Dokument hast, schick uns bitte ein Mail.

Strafbefehle 2015Strafbefehle 2014Strafbefehle 2013Strafbefehle 2012Strafbefehle 2011

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Strafbefehle 2000Strafbefehle 1999Strafbefehle 1998Strafbefehle 1997Strafbefehle 1996

Strafbefehle 1995Strafbefehle 1994 • Frühere Strafbefehle haben wir keine. Wenn du einen besitzt: Wir fügen ihn gerne hier ein!

Älteres zum Thema Bussen

Dokumente Verfolgung Konsum

Rund 50'000 Verzeigungen erstellen die Schweizer Polizeien jährlich wegen Hanf. Gegen Haschischkonsum, gegen Graskonsum. Die meisten davon enden mit einer Busse von einigen hundert Franken. Dazu kommen noch Ordnungsbussen ohne Verzeigung. Verwarnungen sind eine mildere Form der Repression.

Vorladungen

Protokolle

Hausdurchsuchungen

Akteneinsicht

Beschlagnahmungen

Ordnungsbussen

Ordnungsbussen gab es in einzelnen Kantonen bereits vor der Ordnungsbussenvorlage, die per 1. Oktober 2013 für die ganze Schweiz in Kraft getreten ist.

Ordnungsbussen für THC-Konsum

Verwarnungen

Opportunität

Das bisher einzige Beispiel eines formulierten, wenn auch beschränkten, Opportunitätsprinzips gegenüber THC-Konsum aus Basel: Der kantonale Basler Cannabisbericht

Beispiel einer Beschlagnahmung unter dem Opportunitätsprinzip in Basel (ohne Busse)

Zuletzt geändert: 2016/09/16 12:24

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