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Verzeigung und Strafe
Diese Seite als PDF | Beispiel einer Busse wegen Konsumhandlungen |
Vorbemerkung: Beim Ordnungsbussenverfahren wird kein Protokoll erstellt und die Polizei kann direkt eine Busse ausstellen (wie beim Falschparken).
Doch wer mehr als 10 Gramm dabeihat oder früheren Konsum zugibt, wird polizeilich verzeigt. Dazu erstellt die Polizei ein Protokoll, meist ein Standardprotokoll wie im Beispiel oben.
Je mehr illegale Handlungen du zugibst, desto höher kann die Bestrafung ausfallen. Wenn du dieses Protokoll unterschreibst, ist dieses Dokument deine Aussage und aufgrund derer wirst du bestraft. Also nur zugeben, was du halt zugeben musst (das Gras auf dir zum Beispiel) und niemals mehr zugeben und das Protokoll vor dem Unterschreiben genau durchlesen und bei Fehlern protestieren. Auch deinen Händler solltest du nicht nennen, sonst werden sie versuchen, diesen dingfest zu machen und zu bestrafen. Kooperation mit der Polizei nützt dir nie etwas. Alles, was du ihnen an Beweisen mit deiner Aussage lieferst, müssen sie nicht mehr beweisen, du lieferst dich also selber ans Messer. Und: Je mehr Konsum du zugibst, desto eher kommt das Strassenverkehrsamt auf die Idee, deine Fahrtauglichkeit zu überprüfen. Denn all deine Aussagen stehen nachher in den Akten, für lange Zeit, und es kann sein, dass du immer wieder damit konfrontiert wirst (zum Beispiel bei einer Scheidung, wenn es um das Sorgerecht für die Kinder geht).
Du musst dieses Protokoll auch gar nicht unterschreiben, damit hast du dann einfach keine Aussage gemacht und die Polizei muss dich aufgrund der vorgefundenen Sachlage verzeigen oder weitere Beweise erbringen (was aber häufig zu aufwändig ist).
Sobald es um eine Verzeigung wegen Weitergabe geht, also um ein Vergehen, wird das Protokoll sehr viel ausführlicher, dann werden oft mehrstündige Einvernahmen wörtlich protokolliert, was schnell ganze Ordner füllen kann. Auch wenn du die Lieferantin nennst, wird ein Zusatzprotokoll erstellt, damit man die Mengen abschätzen und dann den Dealer damit konfrontieren kann. Aussagen von Konsumierenden sind immer wieder wichtige Indizien, um THC-Handeltreibenden ein Vergehen nachweisen zu können.
(Erkenntnisse aus der polizeilichen Samenverfolgung im Frühling/Sommer 2015.)
Unterschätzen sollten die Vorgeladenen eine polizeiliche Einvernahme nie. Es geht um kriminelle Handlungen: Man muss aufpassen, was man sagt. Da die allermeisten Betroffenen zum ersten Mal mit der Polizei zu tun hatten, hatten sie keine Ahnung, was auf sie zukam.
Für die Polizei hingegen ist das Alltag: Verdächtige befragen, Druck aufsetzen, Geständnisse erzielen. Dafür sind sie ausgebildet und bezahlt. Profi trifft also auf Nichtprofi. Das Ungleichgewicht ist sehr gross!
Zentrales Ergebnis einer polizeilichen Einvernahme ist das Protokoll, möglichst mit Geständnissen. Auch wenn die Polizeibeamten nichts zu sagen haben über das Strafmass (das wird anschliessend vom Stadtrichter-/Statthalteramt oder der Staatsanwaltschaft bestimmt), so ist doch ihr Protokoll das entscheidende Element für alle weiteren Schritte.
Schweigen…
Grundsätzlich gilt, und wir können es nicht genug betonen: Schweigen, die Aussage (wenigstens teilweise) verweigern, wenn Fragen über illegale Handlungen gestellt werden. Sonst liefert man sich nur selber ans Messer. Doch ist das leichter gesagt als getan.
Es gab durchaus Fälle, bei denen Betroffene überzeugt in die Befragung gingen: Ich werde nichts sagen. Und verblüfft herauskamen, weil sie sowohl ausgesagt als auch der «freiwilligen» Hausdurchsuchung zugestimmt hatten. Wie gesagt, es ist nicht so einfach. Umso wichtiger ist es, sich wirklich vorzunehmen, die Aussage ganz oder teilweise zu verweigern. Es ist schlicht das beste Mittel, das die Befragten in einer solchen Situation haben.
…oder aussagen?
Die meisten Betroffenen konnten sich nicht vorstellen, die Aussage ganz zu verweigern oder das Bestellen abzustreiten (und die Ungewissheit über das Weitere auszuhalten).
Wenn Betroffene aussagen, dann ist das Beste: Zugeben, die Samen bestellt zu haben und dass sie für den eigenen Konsum gedacht waren. Damit gibt man eine illegale Handlung zu: die kleinstmögliche, eine Übertretung.
Die Fragen nach dem bisherigen Konsum hätten die meisten nicht beantworten müssen, aber es ist schwierig, die begonnene Aussage hier einfach zu stoppen. Viele Betroffene haben dann halt einen geringen Konsum (zum Beispiel alle paar Monate bei einem Fest) zugegeben.
Natürlich können die Befragten auch einfach ihr ganzes Konsumleben gestehen, für die Busse macht es in den meisten Gegenden keinen Unterschied: Es gibt eine Standardbusse wegen Konsums/Vorbereitungshandlungen.
Doch die Krux ist: Wenn einmal in einem polizeilichen Protokoll steht, dass jemand zugegeben hat, regelmässig zu konsumieren, dann wird das Strassenverkehrsamt (und manchmal auch weitere Ämter) einen Verdacht auf Drogensucht entwickeln.
Einige dachten, dass sie es für sich besser machen könnten, wenn sie von den bestellten Hanfsamen ein paar verschenken wollten: «ist ja nicht nur für mich». Dieser «Logik» folgen Betroffene immer wieder. Aber die Folgen sind fatal: Mit diesem Geständnis katapultiert man sich selber von der Ebene der Übertretung zum Vergehen, der höheren Stufe der Kriminalität. Das führt immer zu einem Strafregistereintrag, selbst wenn nur ein einziger Hanfsame hätte verschenkt werden sollen.
Auch wer die Bestellung zwar gestand, aber nicht zugab, die Samen für den Eigenbedarf bestellt zu haben (um nicht als Drogenkonsument in die Fänge des Strassenverkehrsamtes zu geraten), wurde gelegentlich als voll kriminell bestraft. Es gibt tatsächlich Staatsanwaltschaften, die dann einfach finden: Import ist grundsätzlich ein Vergehen (BetmG 19), also gibt es eine Bestrafung wegen eines Vergehens, auch wenn es nur um drei Hanfsamen geht. BetmG 19a ziehen sie nur dann allenfalls in Betracht, wenn die Aussage klar «für den eigenen Konsum» umfasst.
➡ Die einzige sinnvolle Ausnahme zum Schweigen ist zu sagen, dass der Import/Besitz/Anbau von illegalen Hanfprodukten für den eigenen Konsum bestimmt ist (BetmG 19a). Weitergabe (BetmG 19) müssten die Behörden dann beweisen.
Bei den Einvernahmen gibt es die eifrigen Beamten: Akribisch wird alles aufgeschrieben und versucht, die Betroffenen zu Geständnissen zu drängen (vor allem zu Weitergabehandlungen); das Protokoll wird in diesem Sinne zugespitzt; sie wollen Urinproben und zum Schluss noch einen Blick in die Wohnung werfen (eine «freiwillige» Hausdurchsuchung, die gleich im Anschluss an die Befragung zwecks «Überprüfung der Aussagen» durchgeführt wird). Wer mit dem Auto vorfährt wird sofort des Fahrens unter Drogen verdächtigt… Somit kann die Einvernahme mit allem Drum und Dran gut einen halben Tag dauern.
Gelegentlich taucht ein anderer Polizeityp auf, der den Betroffenen «ausserhalb des Protokolls» erklärt, ihn interessierten weitere Details nicht, er wolle den Fall einfach effizient abschliessen. Er brauche ein Geständnis der Samenbestellung für den Eigenkonsum, dann werde das verzeigt und für ihn sei es damit getan. Das stimmt ja auch: Er hat eine gestandene illegale Handlung und das genügt, um eine Busse ausstellen zu können. In solchen Fällen dauert die Befragung noch eine Viertelstunde.
Diese Seite und Text dazu als PDF: Dritte Ergänzung zu Shit happens 9, August 2015
Beispiel einer protokollierten vollständigen Aussageverweigerung | Beispiel eines Hausdurchsuchungsprotokolls |
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Vor allem in Bern gab es immer wieder Hausdurchsuchungen, die gleich im Anschluss an die Befragung stattfanden. Ein enormer Aufwand, der häufig zu gar nichts führte.
In Bern gab es viele Verurteilungen wegen Vergehen. Vor allem ermittelten die Behörden dort von Anfang an immer mit Verdacht auf ein Vergehen. So war standardmässig halt Vergehen bei den Verzeigungen eingestellt. Hier ein Beispiel, wo dieser Anfangsverdacht handschriftlich geändert wurde: von BetmG 19 zu BetmG 19a, also von Vergehen zu einer Übertretung heruntergestuft.
Aufgrund der polizeilichen Verzeigung folgt dann die Strafe, gefällt durch Stadtrichter- oder Statthalteramt, allenfalls Staatsanwaltschaft. Solche Bussen aus der ganzen Schweiz sammeln wir seit Jahren. Dabei gibt es alle möglichen Beträge (Busse und Gebühren): unter anderem 250, 170, 650, 265, 3’010, 768, 258, 160, 233, 230, 588 Franken – diese kannst du dir als Faksimile anschauen:
Strafbefehle 2016 • Für das laufende Jahr haben wir noch keine Strafbefehle erhalten. Wenn du ein aktuelles Dokument hast, schick uns bitte ein Mail.
Strafbefehle 2015 • Strafbefehle 2014 • Strafbefehle 2013 • Strafbefehle 2012 • Strafbefehle 2011
Strafbefehle 2010 • Strafbefehle 2009 • Strafbefehle 2008 • Strafbefehle 2007 • Strafbefehle 2006
Strafbefehle 2005 • Strafbefehle 2004 • Strafbefehle 2003 • Strafbefehle 2002 • Strafbefehle 2001
Strafbefehle 2000 • Strafbefehle 1999 • Strafbefehle 1998 • Strafbefehle 1997 • Strafbefehle 1996
Strafbefehle 1995 • Strafbefehle 1994 • Frühere Strafbefehle haben wir keine. Wenn du einen besitzt: Wir fügen ihn gerne hier ein!
Rund 50'000 Verzeigungen erstellen die Schweizer Polizeien jährlich wegen Hanf. Gegen Haschischkonsum, gegen Graskonsum. Die meisten davon enden mit einer Busse von einigen hundert Franken. Dazu kommen noch Ordnungsbussen ohne Verzeigung. Verwarnungen sind eine mildere Form der Repression.
Ordnungsbussen gab es in einzelnen Kantonen bereits vor der Ordnungsbussenvorlage, die per 1. Oktober 2013 für die ganze Schweiz in Kraft getreten ist.
Das bisher einzige Beispiel eines formulierten, wenn auch beschränkten, Opportunitätsprinzips gegenüber THC-Konsum aus Basel: Der kantonale Basler Cannabisbericht
Beispiel einer Beschlagnahmung unter dem Opportunitätsprinzip in Basel (ohne Busse)
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