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Die Zahlen der Verfolgungsstatistiken geben einen Eindruck von der Quantität der Repression. Hier möchte ich nun einen Eindruck von der konkreten Art der Verfolgung vermitteln, um auch die Qualität der Repression zu veranschaulichen.
Nie rufen Betroffene bei unserer Rechtsberatung wegen einer Ordnungsbusse an (für polizeilich festgestellten Konsum, 100 Franken). Eine solche scheint einfach bezahlt zu werden und gibt keinen Anlass für Fragen. Dabei nähme mich schon Wunder, wie die Formulare dafür in den verschiedenen Kantonen aussehen.
Der Import von Hanfsamen hingegen ist seit 2015 ein Standard bei den Anfragen. Der Zoll fängt die Couverts ab und verzeigt die Bestellenden an die Behörden ihres Wohnkantons. Die Bandbreite der polizeilichen Reaktion ist nach wie vor sehr gross.
So hatte ich 2021 einen Fall in der Stadt Bern, bei dem für eine Bestellung einer Handvoll Samen gleich eine Hausdurchsuchung durchgeführt wurde. Der Betroffene hatte keine Vorstrafen, trotzdem waren fünf Beamte und ein Hund frühmorgens im Einsatz – und fanden nichts. Ein enormer Aufwand!
Auf der anderen Seite gab es einen Fall aus dem Aargau, wo ein Beamter beim Betroffenen läutete und ein Formular zum Verzicht/zur Vernichtung der Hanfsamen vorlegte. Dieses unterschrieb der Samenbesteller – und hörte nie mehr etwas von den Behörden. Nicht einmal eine Bestätigung der Einstellung des Verfahrens wurde zugestellt. Eine merkwürdige, aber effiziente Vorgehensweise.
Aus der Stadt Genf hingegen hatte ich Fälle, wo einfach eine Busse von 500 Franken, zuzüglich Gebühren von 200 Franken zugeschickt wurde, ohne jede Befragung. Die Betroffenen mussten sich dann entscheiden, den doch hohen Betrag einfach zu überweisen (und sich damit schuldig zu erklären) oder den Aufwand einer Einsprache einzugehen. Die Betroffenen zogen es vor, lieber zu zahlen.
Aus Baselland gab es Fälle, in denen eine Nichtanhandnahmeverfügung ausgestellt wurde (es wird also kein Strafverfahren eröffnet und keine Kosten erhoben). Dies scheint vor allem bei kleineren Hanfsamenmengen so zu laufen, bei grösseren (wahrscheinlich ab etwa 20) gibt es dann eine schriftliche Befragung.
Dies kommt auch im Kanton Zürich immer wieder vor, wobei in solchen Fällen häufig auch telefonische oder schriftliche Vorladungen zu einer polizeilichen Einvernahme gemacht werden.
Wir sehen hier ganz konkret den Föderalismus in der Schweiz am Werk. Das Betäubungsmittelgesetz ist zwar ein Schweizer Gesetz, aber die Strafverfolgung ist kantonal. Das führt zu einer grossen Bandbreite an möglichen Folgen für ein und dieselbe Tat, je nach Kanton, Polizeikorps und manchmal sogar je nach Staatsanwalt oder Staatsanwältin.
Schlimme Folgen hat der Nachweis von THC im Blut bei Autofahrenden. Wohlgemerkt einfach der Nachweis von Spuren von THC, nicht der Nachweis einer relevanten Beeinträchtigung. Auch wenn der Untersuch im Spital dann keine Auffälligkeiten feststellt, gilt man trotzdem als fahrunfähig, wenn die 1.5 Mikrogramm THC pro Liter Blut erreicht werden, was durchaus nach einer abstinenten Nacht oder einem kifffreien Tag möglich ist.
Viele Betroffene fahren ohne Auffälligkeiten jahrelang Auto und fühlen sich sicher. Bis es dann passiert: Eine Routinekontrolle, irgendetwas stört die Polizei, der Schnelltest ist positiv (auf Abbauprodukte von THC), dann wird eine Blutentnahme angeordnet. Die Folgen sind drastisch: Man hat ein Vergehen begangen, kommt also ins Strafregister und die Kosten liegen schnell bei über 2’000 Franken.
Dann folgt das Strassenverkehrsamt, das eine Fahreignungsüberprüfung will (Kosten von über 1’500 Franken). Dabei muss komplette Abstinenz nachgewiesen werden (immer negative Urinproben). Die Vorbereitung auf eine solche Untersuchung macht einen grossen Teil unserer Rechtsberatungen aus (wie soll man sich vorbereiten, was sagen). Vor allem Menschen, die beruflich auf das «Billett» angewiesen sind, müssen hier komplett clean werden und dürfen keinerlei Hanfprodukte (auch keine legalen, wie etwa Hanfspeiseöl) mehr konsumieren, weil Urintests äusserst schnell positiv werden.
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