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 ==== Der Kern der Vorlage ==== ==== Der Kern der Vorlage ====
  
-Es geht um «die Aufhebung des Verkehrsverbotes für Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken». Das tönt etwas abstrakt. Wir müssen uns hier bewusst machen, dass Cannabis ab 1 % THC-Gehalt nach wie vor in der Total­verbotskategorie eingereiht ist. Eigentlich dürfte damit überhaupt gar nichts getan werden. +Es geht um «die Aufhebung des Verkehrsverbotes für Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken». Das tönt etwas abstrakt. Wir müssen uns hier bewusst machen, dass Cannabis ab 1 % THC-Gehalt nach wie vor in der Total­verbotskategorie eingereiht ist. Eigentlich dürfte damit überhaupt **gar nichts** getan werden. 
-Trotzdem wurde 2011 die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, diese total verbotene Pflanze doch ausnahmsweise für medizinische Zwecke zu verwenden. Dafür war und ist jedoch immer eine Ausnahmebewilligung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) nötig. Mittlerweile sind tausende solcher befristeter Ausnahmebewilligungen erteilt worden und die Behörden stufen dies als keinen gangbaren Weg mehr ein (weil der Ausnahmecharakter so langsam verloren geht).+ 
 +Trotzdem wurde 2011 die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, diese total verbotene Pflanze doch **ausnahmsweise** für medizinische Zwecke zu verwenden. Dafür war und ist jedoch immer eine Ausnahmebewilligung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) nötig. Mittlerweile sind tausende solcher befristeter Ausnahmebewilligungen erteilt worden und die Behörden stufen dies als keinen gangbaren Weg mehr ein (weil der Ausnahmecharakter so langsam verloren geht). 
 Deshalb will diese Vorlage das Totalverbot auf den genussmässig konsumierten Hanf beschränken (der bleibt also ein verbotenes Betäubungsmittel). Medizinisch verwendeter Hanf soll dann in einer andere Kategorie eingereiht werden, bei den «kontrollierten, beschränkt verkehrsfähigen Betäubungsmitteln». Dafür zuständig ist Swissmedic (wie bereits heute bei Morphin, Methadon, Kokain etc.). So benötigt die medizinische Verwendung keine Ausnahmebewilligung des BAG mehr, sondern untersteht dem normalen Kontrollregime von Swissmedic. Deshalb will diese Vorlage das Totalverbot auf den genussmässig konsumierten Hanf beschränken (der bleibt also ein verbotenes Betäubungsmittel). Medizinisch verwendeter Hanf soll dann in einer andere Kategorie eingereiht werden, bei den «kontrollierten, beschränkt verkehrsfähigen Betäubungsmitteln». Dafür zuständig ist Swissmedic (wie bereits heute bei Morphin, Methadon, Kokain etc.). So benötigt die medizinische Verwendung keine Ausnahmebewilligung des BAG mehr, sondern untersteht dem normalen Kontrollregime von Swissmedic.
  
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 Damit erhalten die Ärztinnen und Ärzte die grundsätzliche Möglichkeit, Kranke mit Cannabis zu behandeln. Sie brauchen keine Ausnahmebewilligung mehr einzuholen, aber sie sollen Hanf dann auch nicht einfach allen verschreiben. Sie müssen ihre Sorgfaltspflicht einhalten und werden von den Kantonen (KantonsärztInnen) kontrolliert. Damit erhalten die Ärztinnen und Ärzte die grundsätzliche Möglichkeit, Kranke mit Cannabis zu behandeln. Sie brauchen keine Ausnahmebewilligung mehr einzuholen, aber sie sollen Hanf dann auch nicht einfach allen verschreiben. Sie müssen ihre Sorgfaltspflicht einhalten und werden von den Kantonen (KantonsärztInnen) kontrolliert.
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 Was darunter im Detail zu verstehen ist, bleibt noch offen und würde erst entwickelt werden. Der Zeitplan wäre in etwa wie folgt: Käme diese BetmG-Änderung durch, wäre die medizinische Verwendung von Hanf ab 1 % THC nicht mehr grundsätzlich verboten. Dann könnten verschiedene Verordnungen angepasst werden, auch fürs Saatgut/den Anbau bräuchte es noch Änderungen und das Kontrollregime müsste genauer definiert werden. Anschliessend könnten Ärzte und Ärztinnen beginnen, Medizinalcannabis ohne Ausnahmebewilligung zu verschreiben. Was darunter im Detail zu verstehen ist, bleibt noch offen und würde erst entwickelt werden. Der Zeitplan wäre in etwa wie folgt: Käme diese BetmG-Änderung durch, wäre die medizinische Verwendung von Hanf ab 1 % THC nicht mehr grundsätzlich verboten. Dann könnten verschiedene Verordnungen angepasst werden, auch fürs Saatgut/den Anbau bräuchte es noch Änderungen und das Kontrollregime müsste genauer definiert werden. Anschliessend könnten Ärzte und Ärztinnen beginnen, Medizinalcannabis ohne Ausnahmebewilligung zu verschreiben.
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 Parallel dazu würden Daten zu diesen ärzt­lichen Verschreibungen erhoben sowie aus­gewertet und die verschiedenen Ärztegesellschaften (MS, Schmerzen usw.) könnten Em­pfehlungen entwickeln. So würde sich dann über die Jahre, vielleicht mit kantonalen Unterschieden, eine akzeptierte Praxis für die Ärzte und Ärztinnen herausbilden: Unter welchen Umständen können sie welchen Kranken welche Dosen von welchen Zubereitungen für welche Konsumformen über wie lange verschreiben (und wann eben nicht) – eine Art «Gute Praxis» also. Parallel dazu würden Daten zu diesen ärzt­lichen Verschreibungen erhoben sowie aus­gewertet und die verschiedenen Ärztegesellschaften (MS, Schmerzen usw.) könnten Em­pfehlungen entwickeln. So würde sich dann über die Jahre, vielleicht mit kantonalen Unterschieden, eine akzeptierte Praxis für die Ärzte und Ärztinnen herausbilden: Unter welchen Umständen können sie welchen Kranken welche Dosen von welchen Zubereitungen für welche Konsumformen über wie lange verschreiben (und wann eben nicht) – eine Art «Gute Praxis» also.
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 Dabei wird im Gesetz nicht ausgeschlossen, dass es verdampf- oder rauchbare Varianten geben könnte (das wurde ja immer wieder kontrovers diskutiert). Grundsätzlich liegt auch dies in der Kompetenz und Verantwortung des Arztes, der Ärztin. Aber genau solche Punkte sollen eben in der Anfangsphase erforscht und geklärt werden. Dabei wird im Gesetz nicht ausgeschlossen, dass es verdampf- oder rauchbare Varianten geben könnte (das wurde ja immer wieder kontrovers diskutiert). Grundsätzlich liegt auch dies in der Kompetenz und Verantwortung des Arztes, der Ärztin. Aber genau solche Punkte sollen eben in der Anfangsphase erforscht und geklärt werden.
  
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 Es gibt nun keine Befreiung mehr von der Tabaksteuer, weil das Bundesgericht ja entschieden hatte, dass Hanfprodukte keine Tabakersatzprodukte darstellen und somit dieser Steuerpflicht generell nicht unterliegen. Es gibt nun keine Befreiung mehr von der Tabaksteuer, weil das Bundesgericht ja entschieden hatte, dass Hanfprodukte keine Tabakersatzprodukte darstellen und somit dieser Steuerpflicht generell nicht unterliegen.
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 Es wurden einige Artikel hinzugefügt, um die Behörden zur Erhebung von Daten rund um die Verschreibung von Cannabis zu legitimieren (speziell bei der Verwendung nicht zugelassener Cannabisarzneimittel). Diese wurden auf die ersten sieben Jahre befristet. Der Bundesrat legt fest, welche Daten genau erhoben werden sollen. Es wurden einige Artikel hinzugefügt, um die Behörden zur Erhebung von Daten rund um die Verschreibung von Cannabis zu legitimieren (speziell bei der Verwendung nicht zugelassener Cannabisarzneimittel). Diese wurden auf die ersten sieben Jahre befristet. Der Bundesrat legt fest, welche Daten genau erhoben werden sollen.
  
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 Damit niemand meint, hier seien nun alle Dämme am Brechen und bald könnten sich alle, die wollen, mit Hanf behandeln lassen, ein Zitat aus der Botschaft: Damit niemand meint, hier seien nun alle Dämme am Brechen und bald könnten sich alle, die wollen, mit Hanf behandeln lassen, ein Zitat aus der Botschaft:
-«Cannabis wird auch zu medizinischen Zwecken weiterhin ein kontrolliertes Betäubungsmittel bleiben, dessen therapeutische Anwendung restriktiven Bedingungen un­terliegt und genau dokumentiert werden muss.»+// 
 +«Cannabis wird auch zu medizinischen Zwecken weiterhin ein kontrolliertes Betäubungsmittel bleiben, dessen therapeutische Anwendung restriktiven Bedingungen un­terliegt und genau dokumentiert werden muss.»// 
 Kranke dürfen weiterhin nicht selber anbauen und sich nicht selber behandeln. Das bleibt genau so kriminell wie heute. Diese Änderung wäre halt bloss der zweite Schritt in Richtung Normalisierung von Hanf als Medizin und sicher kein revolutionärer Sprung nach vorne. Kranke dürfen weiterhin nicht selber anbauen und sich nicht selber behandeln. Das bleibt genau so kriminell wie heute. Diese Änderung wäre halt bloss der zweite Schritt in Richtung Normalisierung von Hanf als Medizin und sicher kein revolutionärer Sprung nach vorne.
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 Auch die Kostenübernahme durch die Krankenkassen liegt noch in weiter Ferne, dafür bräuchte es neue klinische Studien zur Wirksamkeit. Diese ist laut den Behörden immer noch nicht erwiesen. Auch die Kostenübernahme durch die Krankenkassen liegt noch in weiter Ferne, dafür bräuchte es neue klinische Studien zur Wirksamkeit. Diese ist laut den Behörden immer noch nicht erwiesen.
  
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 Bald beginnen die parlamentarischen Beratungen (in den beiden Kommissionen und den beiden Räten), die sich wohl ein Jahr hinziehen werden. Die Chance, dass die Vorlage durchkommt, ist ziemlich hoch. Bald beginnen die parlamentarischen Beratungen (in den beiden Kommissionen und den beiden Räten), die sich wohl ein Jahr hinziehen werden. Die Chance, dass die Vorlage durchkommt, ist ziemlich hoch.
-➡ Details auf parlament.ch, 20.060+ 
 +➡ Details auf parlament.ch, [[https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20200060|20.060]]
  
Zuletzt geändert: 2020/12/04 15:29

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