Psychoaktives ist überall. Zum Umgang mit Drogen

Sag nein zu Drogen! Also nie mehr Kaffee, Süsses und Wein? Ein vollständiger Verzicht auf Psychoaktives? Das ist dann doch nicht gemeint… Eine Anregung zu bewussterem Umgang mit unseren fünf Lieblingsdrogen.

Drogen und Genuss

Welches sind die fünf Lieblingsdrogen der Schweizer? Wahrscheinlich kommen die meisten Menschen bei dieser provokativen Frage nicht auf die Idee, dass unter anderem der Zucker oder das Koffein gemeint sein könnte – wieso? «Drogen» – das ist ein stark negativ konnotiertes Wort. Drogen zu nehmen ist doch strafbar und schlecht, nicht ein Genuss! Aber was sind dann «Genussmittel»? Diese komische Unterscheidung, die sich natürlich auch im Sprachgebrauch äussert, zu relativieren und zu ernüchtern soll auch ein Ziel dieses Beitrages sein. Ich will die häufigsten Konsumformen und Wirkungsweisen auf eine verständliche Art beschreiben, um so zu einem unvoreingenommenen Blick zu animieren. Zudem nutze ich die Gelegenheit, einige hartnäckige (weil populistische) Vorurteile beiseite zu räumen.

Drogen für jeden Geschmack

Die fünf Lieblingsdrogen sind, wenn man das Kriterium der Häufigkeit des Konsums als ausschlaggebend definiert, der Zucker, das Koffein, das Nikotin, der Alkohol und das THC der Hanfpflanze. Diese Genussmittel werden von sehr vielen Menschen sehr oft konsumiert. Die grosse Mehrheit gebraucht regelmässig mindestens eine dieser Substanzen – sei es zur Entspannung, zur Leistungssteigerung oder als Mittel zum Rausch. Selbstverständlich werden noch sehr viele andere Drogen konsumiert, von den illegalen wie Kokain, Ecstasy oder Opium bis zu unzähligen legalen und chemischen Beruhigungs- und Schlaf- oder Leistungsförderungsmitteln ist alles zu haben. Doch sind die erwähnten fünf die am meisten konsumierten Substanzen in Zusammenhang mit Genuss, Sucht und Rausch. Sie werden vor allem in Form von Softdrinks, Süssigkeiten oder vielen anderen Produkten (Zucker), Kaffee, Tee oder Cacao (Koffein), Tabak (Nikotin), Getränken (Alkohol) und Joints (THC) konsumiert.

Zucker – die unterschätzte Droge

Zucker ist die meistkonsumierte und -verharmloste Droge, die wir kennen. Zucker (Kohlenhydrate) ist lebensnotwendig, der Körper bezieht seine Energie daraus (der Einfachheit halber schreibe ich nur von Zucker und lasse ausser Acht, dass es verschiedene Arten davon gibt). Die Versorgung damit ist bei einer einigermassen normalen Ernährung kein Problem, denn viele Lebensmittel beinhalten natürlicherweise Zucker (zum Beispiel Fruchtzucker in Früchten). Gleichzeitig beinhalten sie aber auch die nötigen Vitamine und Enzyme, die der Körper braucht, um den Zucker zu verdauen. Beim reinen Industriezucker fehlen diese Stoffe und wir brauchen ihn auch überhaupt nicht zum Leben. Er ist ein reines Genussmittel. Die Wirkung bei niedriger Dosierung und seltenem Gebrauch ist aufgrund des schnellen Steigens des Blutzuckerspiegels eine aktivierende, anregende. Ein süsses Dessert nach einem üppigen Essen kann die Müdigkeit auf angenehme Weise vertreiben. Doch nach erhöhten Dosierungen steigt der Spiegel noch höher, was dazu führt, dass er auch schneller wieder fällt, auch unter den Ausgangswert. Dadurch entsteht die Lust nach noch mehr Süssem, wobei ein typischer Suchtkreislauf gegeben ist. Wenn man es weiter übertreibt und täglich sehr viel Zucker zu sich nimmt, zum Beispiel zwei Liter Cola oder Eistee trinkt, fängt man an, übermässig viel Peptide zu produzieren, die im Gehirn als Transmitter (Botenstoffe) auf die gleichen Rezeptoren wie auch Morphium oder Heroin wirken. Dann ist das süsse Leben vorbei, denn die Zuckersucht kann unter anderem zu Migräne, Bewusstseins- und Verdauungsstörungen führen und spielt höchstwahrscheinlich eine Rolle bei der Entstehung von Gicht, Rheuma, Leber- und Nierenerkrankungen. Auch erhöht sie die Cholesterinwerte im Blut und fördert die Arterienverkalkung. Bei abruptem Einstellen des Auf und Ab des Blutzuckerspiegels und der Stimulation der Rezeptoren treten zum Teil starke Entzugserscheinungen auf.

Kaffee – die Alltagsdroge

Wenn wir zum Koffein übergehen, sehen wir, dass es im allgemeinen Konsum oft zusammen mit Zucker konsumiert wird, was einen Mischkonsum darstellt. Die Blutzuckerspiegelschwankungen, die Stimulationen der Rezeptoren im Hirn durch die Peptide und die erhöhte Nervenaktivität (Koffein) rufen wie auch andere Mischkonsumvarianten verschiedenste komplizierte Wirkungsweisen hervor, die sich in Wechselwirkungen beeinflussen und deren Erkundung diesen Rahmen sprengen würde. Koffein ist wie Kokain oder Nikotin ein Stimulans, das bei seltenem und niedrigdosiertem Konsum wiederum anregend, leicht euphorisierend und redselig wirkt, ähnlich dem Zucker. Daher wird es auch vor allem nach dem Essen konsumiert oder morgens, sowie in Gesellschaft. Es vertreibt die Müdigkeit und verbessert Gedächtnis und Konzentration. Je nach Konsumform wirkt es stärker und kürzer (Kaffee) oder länger und sanfter (Tee). Bei täglichem Konsum von Kaffee stellt sich relativ schnell (nach etwa einer Woche) eine Toleranz ein, sowie ein Kreislauf von zu niedriger und erhöhter Nervenaktivität. Auswirkungen der Koffeinsucht können von Schlaflosigkeit über Angsterscheinungen bis Schweissausbrüche, Durchfall, hohem Blutdruck und anderem reichen. Gesellschaftlich wird Koffein wie der Zucker verharmlost und Kaffee zu trinken gehört sich und ist ganz normal. An meinem Arbeitsplatz zum Beispiel gibt es sogenannte schriftlich deklarierte «Kafipausen»! Man stelle sich vor, jemand käme auf die Schnapsidee eine Pause in der Arbeitszeit Drogenpause zu nennen… Nur wenigen Konsumenten ist es bewusst, dass ihr Kaffee eine starke Droge mit einem hohen Suchtpotenzial beinhaltet.

Tabak – eine Droge unter Druck

Nun zum Nikotin; die häufigste Konsumform sind wohl die «Zigis». Die kurzfristige Leistungssteigerung machen sie zur «Zwischendurch-Droge», man raucht schnell eine und macht sich wieder an die Arbeit oder vertreibt die Langeweile. Das Suchtpotenzial ist extrem hoch, es wird mit demjenigen von Heroin verglichen! Trotzdem war das Nikotin lange Zeit verharmlost worden, bevor Aufklärungskampagnen und ein Umdenken in der Gesellschaft stattfanden. Genau wie heute mit dem Koffein und dem Zucker, wäre man früher belächelt worden, wenn man von Nikotin als Droge gesprochen hätte… Die Tabakpflanze gehört zu den Nachtschattengewächsen und enthält eigentlich starke psychoaktive Stoffe. Die Zigarettenhersteller verwenden aber minderwertigen, mit allerlei chemischen Zusatzstoffen angereicherter Tabak, mit dem Ziel, die Sucht zu fördern; zum Beispiel bewirkt ein Zusatz, dass das Nikotin schneller in die Blutbahn gelangt. Ich glaube, dass die «Zigi» unter diesen Substanzen das grösste Suchtmittel ist; wenn es als Genussmittel gebraucht wird, dann besteht der Genuss lediglich in der Stillung der Sucht. Es gibt sogar einen riesigen Markt für ausstiegswillige Raucher mit allerhand Produkten von Therapie bis Nikotinpflaster und Tabletten. Da die meisten sowieso rückfällig werden, sowohl beim Rauchen wie beim Therapieren, bleibt das ein lohnendes Geschäft. Wer sich für die umfangreichen Folgen des Konsums interessiert, soll sich an den nächsten Kiosk wenden und dort einige der Hinweise auf Zigarettenpackungen studieren. Daneben gibt es natürlich auch besseren Tabak, der wegen seiner stimulierenden und leistungssteigernden Wirkung sehr gut in Pfeifen, Zigarren oder Joints geraucht werden kann.

Bier, Wein und Schnaps – unsere Kulturdrogen

Der Alkohol ist die mit Abstand «härteste» legale Droge. Man kann sich nicht nur damit vergiften bis umbringen und verliert schon früh die Kontrolle über das eigene Tun, sondern er beinhaltet auch ein grosses psychisches und physisches Suchtpotenzial. Alkoholische Getränke, vor allem Bier, Wein und Schnaps, sind aus unserer Kultur nicht wegzudenken, haben eine lange Geschichte und erfreuen täglich viele Menschen. Alkohol wird normalerweise auch als Droge wahrgenommen und nicht verharmlost, denn die Auswirkungen können bekanntermassen schlimm werden. Die Wirkungen variieren je nach Art des Getränks und der Dosierung stark. Zum Beispiel gilt Weisswein als «flüssiges Kokain», während Bier und Rotwein eher beruhigend wirken. Grundsätzlich entfaltet Alkohol aber eine enthemmende und entspannende Wirkung, weshalb er sich zum Beispiel für gesellschaftliche Abende und Feste eignet. Bei höheren Dosierungen wird man je nach Typ unternehmungslustig und laut bis aggressiv oder müde. Bei regelmässigem Konsum entwickelt sich schnell eine Toleranz, weswegen das «Feierabendbier» bald zum Feierabend-Harass werden kann. Bei regelmässigem Missbrauch mit hohen Dosierungen stellt sich eine starke Abhängigkeit ein, die sich bei Konsumierenden durch sozialen Rückzug, gesundheitliche Schäden aller Art und letztendlich im ganzheitlichen «Absturz» des Kranken, zeigt. Wer dann den schweren Entzug durchmachen will oder muss, erlebt eine extreme, mit Halluzinationen, Wahnvorstellungen und Angstzuständen gepflasterte Zeit, bei der auch Herzrhythmusstörungen und weitere Komplikationen auftreten können, dem sogenannten «Delirium Tremens». Viele Abhängige sterben aber vorher am Alkohol.

Hasch und Gras – die verbotene Droge

Das THC der Hanfpflanze ist in vielerlei Hinsicht ein spezielles Genussmittel. Erstens ist der Rauchhanf die mit Abstand meistkonsumierte unter den illegalen Drogen und zweitens werden die gesellschaftlichen und auch direkten Auswirkungen am Menschen nicht nur durch die Substanz, sondern indirekt auch massgeblich durch das Verbot beeinflusst. Da Hanf völlig frei von jedem und überall produziert und gehandelt werden kann und ein riesiger Markt (schweizweit mindestens 500 Millionen Franken Umsatz pro Jahr) besteht, liegt der Fokus nicht auf dem Gesundheitsschutz und der Information, sondern im Gegenteil auf Gewinnmaximierung und Nichtkontrolle. Da drakonische Strafen drohen, widmen sich mehrheitlich Randständige und Kriminelle dem Hanfbusiness. In der Schweiz ist die Gesetzgebung zum Glück etwas milder als in den meisten anderen Ländern, wo die Drogenproblematik entsprechend heftiger wütet, da sich die Konsumentenzahlen völlig unabhängig von den Gesetzen halten, aber ab einem gewissen Verfolgungsgrad und Strafandrohung nur noch absolut skrupellose kriminelle Geldgierige bereit sind, sich diesem Risiko auszusetzen.

Verbot und Vorurteile gehen Hand in Hand

Zusätzlich können sich natürlich wunderbar falsche Informationen und Vorurteile bilden, die lächerlich bis besorgniserregend sind. Als ein Beispiel von Unzähligen will ich die berühmte und viel zitierte Kassensturz-Sendung zum Thema Indoor-Hanf vorzeigen, die vor Jahren im Schweizer Fernsehen ausgestrahlt wurde; dort ist auf recht populistische Art und Weise behauptet worden, dass der «Drogenhanf» heutzutage viel stärker sei als das «Kraut der Hippies» früher. Das ist so falsch, wie wenn jemand behaupten würde, dass der Alkohol seit der Destillation viel stärker geworden sei; auch wenn wir seither Schnaps trinken können – das Bier und der Wein ist trotzdem nicht zehn Mal stärker geworden! Genauso verhält es sich mit den unzähligen Sorten, Variationen und Konsumarten beim Hanf. Vor etwa zwanzig Jahren wurde in Europa und den USA, auch aufgrund der Gesetze, immer mehr versucht, Pflanzen «indoor» zu züchten, was viele neue, exquisite, in Geschmack und Wirkung differenzierte Sorten hervorgebracht hat. Einige, vielleicht nicht gerade die, die oft und viel genossen werden sollten, beherrschen (aufgrund kurzer Wachstumsphasen und grosser Erträge auf kleinem Raum) den Markt. Diese Sorten heissen «Power Plant», «Euphoria» oder «Big Bud». Sie sollte man geniessen wie man Schnaps geniesst, selten und in sehr kleinen Mengen. Dass uninformierte Jugendliche «Schnaps aus Biergläsern» trinken ist nicht etwa einer mysteriösen Evolution der Hanfpflanze zuzuschreiben, sondern der Unterdrückung und Verfolgung der Hanfkultur. Die traditionellen Anbaugebiete auf der ganzen Welt produzieren noch genau den gleichen Hanf, wie schon ihre Ahnen vor Hunderten und Tausenden von Jahren produziert haben! Leider ist er normalerweise, wieder aufgrund der Gesetze, schon ziemlich verunreinigt und gestreckt worden, wenn er in Europa auf dem Endmarkt ankommt… Die Repression fördert also Entwicklungen, die dann mit noch mehr Repression verhindert werden wollen – eine komische Situation.

Die realen Wirkungen können sehr hilfreich sein

Genug zu den Besonderheiten des Hanfes und den Auswirkungen des Verbotes. Nun befassen wir uns mit den direkten Wirkungen von THC auf den Menschen: Im Gegensatz zu Koffein, Zucker oder Nikotin ist der Hanf eine eher beruhigende Droge, sie senkt den Muskeltonus, sensibilisiert die Sinne und erhöht den Appetit. Zusätzlich ist er ein sehr altes Medikament, das auch heute vor allem in den USA (man staune) Patienten mit Schlaf-, Muskel- und Essstörungen verschrieben wird. Bei gelegentlichem Konsum von hochwertigem Hanf stellt sich weder eine Toleranz noch eine Sucht ein, man kann sich dann wunderbar entspannen, Musik, Filme oder andere schöne Dinge geniessen und heitere Gespräche führen, was es auch zu einer Gesellschaftsdroge macht. Bei täglichem Konsum kann sich durchaus eine leichte Sucht einstellen; typischerweise raucht der tägliche Hanfkonsument abends, nach getaner Arbeit, zu Hause ein bis zwei Joints und entspannt sich so sehr, dass er richtig tief schläft und den ganzen nächsten Tag sehr aktiv, fast getrieben sein kann. Diese Art Konsument fällt niemals als «Kiffer» auf, ist in jeder Position und Gesellschaftsschicht anzutreffen und ist meistens darauf bedacht, dass niemand über seinen Hanfkonsum Bescheid weiss, aus Angst den Job, den Führerausweis oder sogar die soziale Stellung zu verlieren. Es gibt solche Konsumenten, die nicht mal den eigenen Kindern einen gesunden Hanfkonsum vorleben wollen – das ist ja illegal! Der typische Suchtkreislauf besteht hier wohl aus Verspannung und Über-Entspannung. Bei noch häufigerem Konsum, also regelmässig auch den Tag durch, kann sich schnell eine psychische Abhängigkeit entwickeln, die von Toleranzentwicklung und höheren Dosierungen begleitet wird. Cannabisabhängige werden mit der Zeit vergesslich, ungepflegt, stumpfsinnig. Entsprechend sensible Menschen können unter Psychosen, Angstzuständen bis hin zu Wahnvorstellungen leiden. Genau wie Alkoholabhängige werden sie irgendwann zu Sozial- oder Pflegefällen. Auch hier sieht man wieder klare Auswirkungen des Verbotes: Während die grosse Masse der gesunden Hanfkonsumenten überhaupt nicht wahrgenommen wird, prägt die kleine Minderheit der Abhängigen das gesellschaftliche Bild des Kiffers…

Gleiches Recht für jeden Genuss

Ich hoffe, eine gute Übersicht über all die Genussmittel gegeben zu haben, die wir so gerne konsumieren. Es besteht meiner Meinung nach gar kein grosser Unterschied zwischen dem Hanf und den legalen Drogen; der grösste besteht wohl darin, dass man Kaffee überall öffentlich trinken kann aber eingesperrt und strafrechtlich verfolgt wird, wenn man Hanf gebraucht. Na dann Prost!

Zuletzt geändert: 2023/12/22 21:16

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