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Frühling 2009: Ein Rückblick auf die Hanf-Initiative

Nun liegt die Abstimmung ein Vierteljahr zurück. Aus einer gewissen Distanz schauen wir zurück, fassen zusammen und fragen uns, was die Auswirkungen für die Zukunft sein könnten. Hier eine Analyse über die Hanf-Initiative.

Verloren haben wir

Wie man es auch dreht oder wendet, die Hanfinitiative wurde abgelehnt. Die positiven Punkte sind schnell aufgezählt:

Die positiven Punkte

  • Zürich nimmt als einzige Stadt die Initiative an. Mit 54.4% und 10’000 Stimmen im Plus kommt wieder ein drogenpolitisches Zeichen von der grössten Stadt der Schweiz.
  • Hanf ist in der Bevölkerung weit akzeptierter als andere illegale Substanzen. Der Vergleich mit der Abstimmung 1998 zur «vernünftigen Drogenpolitik», welche weitere Substanzen legalisieren wollte, wurde mit 10,8 Prozentpunkten gewonnen.
  • Keine Kleinst-Minderheit stimmte Ja, sondern 37% oder auch über 850’000 Menschen. Das heisst auch, das Thema ist nicht vom Tisch.
  • Die Prognose war anfangs weit tiefer. 37% Ja-Stimmen sind zu viele, um eine Repression wie gehabt weiterführen zu dürfen.
  • NZZ, Basler Zeitung: Diese zwei Printmedien haben sachlich und auch fundiert über die Initiative informiert.

Die negativen Punkte

  • Genf, Bern und Basel: Diese Schweizer Grossstädte haben allesamt die Initiative abgelehnt. Es war bei Basel und Bern zwar knapp, eine Annahme wäre realisierbar gewesen.
  • Westschweiz und Tessin fielen stark ab. Vor allem die Westschweiz mit minus 9% Ja-Stimmenabweichung zur Deutschschweiz enttäuschte vollends. Leider habe ich die Medien und Politik der Westschweiz nicht verfolgt. Das Resultat zeigt aber klar, dass Kiffen in dieser Region keine gesellschaftliche Akzeptanz findet.
  • Unsachlichkeit und Hysterie prägte die Argumentation der Initiativgegner. Man war sich nicht zu schade, Sekten und Rechtsaussen miteinzuspannen.
  • Drogenpräventionsstellen bemühten sich primär um das Betäubungsmittelgesetz. Sich intensiv für die Legalisierung von Cannabis einzusetzen scheint ein politisches No-Go für diese Organisationen zu sein. Zwar liessen die meisten dieser Stellen durchblicken, dass eine Gleichstellung von Alkohol und Cannabis für ihre Arbeit förderlich wäre. Dies aber derart dezent, dass es nicht verwundert, hatte die Initiative keine Chance.
  • Jugendverbände, Lehrerverband lehnten die Initiative einstimmig und medienwirksam ab. Als ob Cannabis die einzige und auch noch die gefährlichste aller Drogen sei. Es verwundert einen schon, dass diese Verbände all die Erkenntnisse nicht berücksichtigten. Die Verbände glaubten Verantwortung übernehmen zu müssen und stellten Hanf im Besonderen an den Pranger. Dass damit die Ungefährlichkeit von Kokain und Alkohol im Verhältnis zu Cannabis propagiert wird, haben sie nicht bedacht. Der gedankliche Ansatz liegt bei diesen Verbänden wohl bei der Abstinenz. Wie gesagt ein Wunschdenken…
  • Tages-Anzeiger, 20-Minuten, Blick, SF DRS: Diese Medien haben mit kleinen Ausnahmen kaum und zum Teil tendenziös reisserisch informiert. In der Arena wurde nur eine Halbzeit auf bescheidenem Niveau debattiert.
  • SVP und CVP haben in dieser Debatte zusammengespannt. Die SVP hat alle ihre freiheitlichen Ansätze wieder einmal willkürlich verworfen. Die CVP hat sich als konservative Partei präsentiert.
  • Abstinenz ist wieder salonfähig geworden, obwohl nur eine Minderheit tatsächlich so leben kann.

Fehlende Informationen

Leider fehlen Angaben über die Demographie bei dieser Abstimmung. Man kann davon ausgehen, dass ältere Menschen vermehrt Nein-Stimmen abgegeben und Jüngere häufiger Ja gestimmt haben. Insofern wäre diese Information spannend, um zu sehen, wann die Schweiz reif wäre für eine Wiederauflage der Initiative.

Die Aussichten

Vom Lehrerverband, Pro Juventute und der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände wird ein Ordnungsbussenverfahren für erwachsene Kiffende lanciert. Immerhin eine Verbesserung der jetzigen rechtlichen Situation, doch auch hier wird der Widerstand der Hardliner ungebrochen sein. So kann man davon ausgehen, dass bis zur Durchsetzung dieses immer noch unverhältnismässigen juristischen Status für erwachsene Kiffende viel Wasser den Rhein herunterfliessen wird.

Ein Fazit

Die Legalisierung für erwachsene Cannabiskonsumenten ist auf Jahre, vermutlich Jahrzehnte, politisch blockiert. Die Politik, Polizei und Justiz haben alle Mittel, jeden beliebigen THC-inhalierenden Erwachsenen zu verfolgen, zu bestrafen und bekommen immer Recht. Das Stigma der Kiffenden ist omnipräsent, völlig egal, wie man sonst sein Leben gestaltet. Einen Joint zu rauchen ist und bleibt eine kriminelle Handlung. Wird man mehrfach erwischt, folgen saftige Bussen (auch wenn es jedes Mal nur um einen Joint geht), Strafregistereinträge (auch wenn man nur ein Piece verschenkt hat) und Probleme mit dem Strassenverkehrsamt (auch wenn man nie bekifft Auto fährt). Gesellschaftliche Ausgrenzung ist also garantiert. Die Repression kann nicht alles verfolgen, aber wenn sie zuschlägt, sind die Folgen immens. Präventionsarbeit, wie im Betäubungsmittelgesetz verankert, ist im Bezug auf Cannabis nur ein schönes Wort – die Repression ist hier das grösste Problem.

Eine Spekulation

Jugendliche Drogenneukonsumenten werden entweder weiterhin den legalen Weg über Alkohol ausprobieren oder aber den illegalen Markt abklappern. Kenner der Szene wissen, Kokain ist in Zürich günstiger und leichter zu bekommen als Hasch. Wenn man die mediale Verehrung dieser hippen Pulver-Droge weiterdenkt, ist klar, worauf sich die Schweiz einstellen darf.

Für das Recht auf THC-Genuss

Unser Verein mit seinen Mitgliedern weiss um das Produkt Cannabis. Selbst die hanebüchenste Propaganda, das miese Image, die dicksten Lügen und alle so genannten wissenschaftlichen Analysen können uns THC-Geniessende nicht vom Genuss abbringen. Wir müssen aber weiterhin damit leben, dass wir gesellschaftlich infolge dieses lebensbejahenden, transzendenten Genusses als minderwertige Menschen definiert werden.

Die Diskriminierung geht weiter Wir sind wieder irgendwo in der üblen Vergangenheit der Diskriminierung angekommen. Der Kiffer ist ein Feindbild, wie es ja schon viele gab und gibt. Wir werden verfolgt, wie früher die Schwulen und Lesben wegen ihres Lebensstils verfolgt wurden. Natürlich gibt es Gruppierungen, die noch einiges härter angefasst werden und mehr leiden müssen. Aber auch wir gehören zu denen, auf denen man rumhauen darf. Für viele halt: Der Abschaum der Gesellschaft. Wo auch immer Menschenrechte realisiert und geschützt wurden, wir Kiffer haben im Bezug auf THC keine. Auch das Bundesgericht will daran nichts ändern.

Denn sie wissen nicht, was sie verpassen

Trost der unsrigen Einstellung ist: Töricht, wenn man das Geschenk des menschlichen Lebens, die unglaubliche Qualität des menschlichen Gehirns nicht auskostet, ausprobiert und erfahren möchte. Es mag auch andere wirkungsvolle Methoden für solche Erfahrungen geben, aber THC-Genuss ist und bleibt eine der einfachsten und ungefährlichsten Varianten, sich als Mensch bewusstseinserweiternd zu erfahren. THC zu verbieten ist, als ob Musik nicht erlaubt wäre – eine Zumutung.

Die Hanf-Initiative in der Abstimmung

Die Ergebnisse in den Bezirken der Schweiz sind recht unterschiedlich: Es gibt Ja-Anteile zwischen 54.40 und 23.23 Prozent. Der gesamtschweizerische Durchschnitt liegt bei 36.81 Prozent. Total gab es 848’470 Ja-Stimmen und 1’456’336 Nein-Stimmen.

Die folgenden Zahlen sind die vorläufigen amtlichen Abstimmungsergebnisse, mit einer Korrektur beim Bezirk Saanen, wo die Ja- und Nein-Stimmen vertauscht wurden.

Die besten Ergebnisse in den Bezirken

ZH Zürich 54.40% Ja
BE Saanen 49.30% Ja
BE Bern 46.27% Ja
SG Sarganserland 45.54% Ja
BS Basel-Stadt 44.73% Ja
SO Solothurn 44.29% Ja
BE Biel 44.10% Ja
SH Schaffhausen 43.45% Ja
ZH Horgen 41.77% Ja
GR Plessur 41.57% Ja
ZH Affoltern 41.32% Ja
ZH Dietikon 40.85% Ja
ZH Winterthur 40.77% Ja
LU Luzern 40.31% Ja
BE Vorderland 40.28% Ja
BE Schwarzenburg 40.25% Ja
GR Imboden 40.18% Ja
ZH Uster 40.17% Ja
BE Bucheggberg 40.08% Ja
AR Wasseramt 40.03% Ja
GR Hinterrhein 39.82% Ja
SG St. Gallen 39.44% Ja
ZH Meilen 39.38% Ja
GR Moesa 39.15% Ja
SG Werdenberg 39.01% Ja
ZH Bülach 38.93% Ja
BE Büren 38.87% Ja

Die schlechtesten Ergebnisse in den Bezirken

VS Entremont 23.23% Ja
VS Martigny 23.92% Ja
VD Gros-de-Vaud 24.51% Ja
FR La Gruyère 24.65% Ja
NE Val-de-Travers 24.71% Ja
VD Lavaux-Oron 25.02% Ja
VD Broye-Vully 25.11% Ja
LU Entlebuch 25.41% Ja
VD Morges 25.59% Ja
NE Val-de-Ruz 25.95% Ja
FR La Glâne 25.98% Ja
VS Conthey 26.12% Ja
VS Sion 26.12% Ja
VS Hérens 26.23% Ja
BE Frutigen 26.42% Ja
NE Boudry 26.73% Ja
VS Saint-Maurice 26.98% Ja
VS Monthey 27.03% Ja
VD Aigle 27.31% Ja
BE Moutier 27.39% Ja
VD Jura-Nord vaudois 27.62% Ja
VD La Broye 27.75% Ja
TI Leventina 27.80% Ja
VD Nyon 27.90% Ja
VD Riviera-Pays-d’Enhaut 28.42% Ja
FR La Veveyse 28.42% Ja
NE Le Locle 29.21% Ja

Die Ergebnisse nach Kantonen

Alle Kantonen haben die Hanf-Initiative abgelehnt. Der Kanton Zürich war der einzige, der mehr als 40% Ja-Stimmen erreichte (43.3%). Fast alle anderen Kantone bewegten sich zwischen 30 und 40 Prozent Ja-Stimmen. Wallis, Waadt und Neuenburg schafften nicht einmal das und lagen unter 30% Ja-Stimmen, wobei Neuenburg mit 28.5% das schlechteste kantonale Ergebnis erzielte.

Wo sollen wir ansetzen?

Für zukünftige politische Arbeit müssen wir uns fragen, wo wir ansetzen können. Die Westschweiz ist ein hartes Pflaster, das zeigt die obige Aufstellung der schlechtesten Bezirke ganz deutlich. Auch in konservativen religiös geprägten Bezirken wird man kaum eine Chance haben. Um eine Abstimmung über THC zu gewinnen braucht es klare Mehrheiten in den Städten und ihrem Umfeld, sowie knappe Mehrheiten im übrigen deutschsprachigen Mittelland. Damit könnte es gelingen, sowohl das Volks- wie das Ständemehr zu erreichen. Wie die nötigen weiteren 20 Prozente umzustimmen wären, damit wir von den heutigen 37 auf die Zielgrösse von über 55 Prozenten Ja kommen, das müssen wir noch analysieren und diskutieren. Es kann wohl nur mit einer überschaubaren (eher Konsum statt Handel), klaren (Eigenbedarf für Erwachsene ok, Weitergabe verboten) und gut kommunizierbaren Vorlage geschehen.

Zuletzt geändert: 2023/12/22 21:16

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