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Jetzt will sie also doch Mitglied werden: Als 190. Land tritt die Schweiz im Herbst 2002 der UNO bei. Die UNO-Drogenpolitik ist bisher auf Repression ausgerichtet – was bedeutet der Beitritt für die Legalisierungs-Diskussionen in der Schweiz?
Im Vorfeld der Abstimmung zum UNO-Beitritt der Schweiz kamen verschiedene Fragen auf. Sollen die Kiffenden für den Beitritt zu einer Organisation sein, die den Hanf nach wie vor verteufelt und die die Legalisierung bekämpft? Klar ist, dass das jetzige unsägliche Gesetz auf grossen Druck der von den USA gesteuerten UNO entstanden ist und dass die UNO-Kommissionen (unter amerikanischer Führung) ihre Betäubungsmittelpolitik der Welt aufzwingen wollen. Klar ist auch, dass von UNO-Seite her Cannabis nach wie vor mehrfach an den Pranger gestellt worden ist. Diese ganzen internationalen Abkommen, welche die Schweiz ja leider unterschrieben hat – wieso werden die nicht einfach gekündigt, wenn sie sich als falsch und sinnlos herausgestellt haben? Die Vorlage zur Betäubungsmittelgesetz-Revision kann ja nur deshalb die (von vielen als richtig angesehene) Legalisierung nicht vollziehen, weil dem eben diese internationalen Verträge entgegenstehen. Nur deshalb kommt man überhaupt auf so eine merkwürdige Idee wie das Opportunitätsprinzip für den Handel (eine eingehende Analyse der bundesrätlichen Botschaft haben wir in der letzten Rechtshilfebroschüre «shit happens…» zusammengestellt).
Ist der Flyer, den wir oben abgebildet haben, in seiner Stossrichtung richtig? War es falsch, der UNO beizutreten? Wenn man die Urheber des Flyers genauer unter die Lupe nimmt, sieht man jedoch, dass es SVP-nahe Kreise sind, die diese Kampagne «Bei einem UNO-Beitritt können wir die Hanflegalisierung vergessen» geführt haben. Also genau die Kreise, die immer am lautesten gegen jede noch so kleine Verbesserung für uns Kiffende und unsere HändlerInnen kämpfen. Damit sieht es nach einer Mogelpackung aus. Stimmenfang in der Hanfszene halt.
Grundsätzlich denke ich nicht, dass die UNO das Hauptproblem darstellt. Das Hauptproblem sind die internationalen Verträge (von denen viele auf Zeiten zurückgehen, wo es noch gar keine UNO gab). Diese Verträge hat die Schweiz aber bereits unterschrieben – auch ohne dass sie Mitglied der UNO ist (und sie finanziert übrigens auch die Betäubungsmittel-Kommission der UNO (CND) bereits jetzt schon, ohne Vollmitglied der UNO zu sein). Alle diese Verträge haben Kündigungsartikel mit einer Kündigungsfrist von meist rund einem Jahr. Zum Beispiel im Einheits-Übereinkommen von 1961 gibt es den Artikel 46, «Kündigung»: «1) Nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten (…) kann jede Vertragspartei (…) dieses Übereinkommen durch Hinterlegung einer entsprechenden Urkunde beim Generalsekretär kündigen. 2) Erhält der Generalsekretär die Kündigung vor dem 1. Juli oder an diesem Tag, so wird sie am 1. Januar des folgenden Jahres wirksam; erhält er die Kündigung nach dem 1. Juli, so wird sie wirksam, wie wenn er sie im folgenden Jahr vor dem 1. Juli oder an diesem Tag erhalten hätte.»
Es ist also ohne weiteres möglich, diese Verträge zu kündigen. Übrigens wären diese Kündigungen auch noch möglich, wenn die Schweiz jetzt Mitglied der UNO wird. Das einzige, was da sein müsste, wäre der politische Wille, diese schwachsinnigen Verträge, die eine Hanflegalisierung behindern, eben zu kündigen. Und dieser politische Wille fehlt der Schweiz, weil eben nach wie vor viele Menschen gegen eine Legalisierung sind. Ein Argument gegen die Kündigung der Abkommen ist, dass diese auch noch vieles anderes neben dem Hanf «regeln»/verbieten und man ja nicht bloss wegen der Hanflegalisierung gleich auch noch die Bestimmungen über Heroin, Kokain etc. kündigen wolle. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Auch wenn man nichts an den internationalen Übereinkommen bezüglich der harten Drogen ändern wollte, gäbe es eine einfache Möglichkeit. Pakistan, Bangladesh und Indien haben die Abkommen auch unterschrieben, jedoch einen Vorbehalt angebracht, in dem sie die Verwendung von Cannabisprodukten auch für nichtmedizinische Zwecke beibehalten wollen (die Schweiz könnte also die Verträge kündigen und sie gleich wieder ratifizieren mit einem solchen Vorbehalt – und dann den Hanf legalisieren).
Was würde die UNO zu einem solchen Schritt sagen? Das ist sicher eine grosse Unbekannte. Der Internationale Drogenkontrollrat, der die Drogenpolitik auf der Welt laufend verfolgt und Staaten, die von seinen völlig repressiven Vorstellungen abweichen, regelmässig ermahnt, hat für sich genommen keinerlei Sanktionsmöglichkeiten. Er kann lediglich Berichte ausarbeiten und diese veröffentlichen, er kann der UNO-Generalversammlung Bericht erstatten und Länder anschwärzen. So zum Beispiel gerade letzthin. In seinem Statement Nummer 503 erklärte der Drogenkontrollrat: «Der Rat nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass sich der Anbau und der Verkauf von Cannabis in der Schweiz zurzeit zu einem grossen Graumarkt entwickelt hat. Weitere Liberalisierungen, wie sie mit der Entkriminalisierung des Cannabis-Anbaus und des Handels zurzeit zur Diskussion stehen, würden nicht nur im Gegensatz zu den Vorschriften der Konvention von 1961 stehen, sondern könnten das Problem noch verschärfen, statt es zu lösen. Der Rat ist besorgt über die möglichen längerfristigen Ergebnisse der Cannabis-Politik in der Schweiz, über die Gefahren eines Schmuggels von Cannabis-Produkten in grossem Stil aus der Schweiz und über den «Drogentourismus». Der Rat fordert die Schweizer Behörden auf, die oben erwähnten Sorgen zu beachten, wenn sie über die Revision des Schweizerischen Betäubungsmittelgesetzes von 1951 entscheiden, speziell bezüglich dem Anbau von Cannabis, dem Verkauf, sowie dem Besitz.» Es erstaunt immer wieder, dass erwachsene Menschen einen solchen Unsinn schreiben können. Dass aber dann das Land, das regelmässig von einer solchen Organisation an den Pranger gestellt wird, diesen Quatsch auch noch bezahlt, grenzt schon an Masochismus. Eine Kündigung/Änderung der internationalen Drogenübereinkommen gäbe sicher einige weltweite Diskussionen. Doch wenn wir vernünftige Bestimmungen zum Hanf in unserem Gesetz haben wollen, werden wir um diese Diskussionen eh nicht herumkommen.
Unter Übersicht über die internationalen Übereinkommen (0.812.121ff) findest du die Sammlung der internationalen Verträge zur Gesundheit. Uns betreffen dann vor allem die Abkommen, die mit 0.812 beginnen. Zentral sind das Einheitsübereinkommen von 1961, das Psychotropenabkommen von 1971, die Zusatzabkommen zum Einheitsabkommen von 1961 und 1972 und das Abkommen von 1988 gegen den illegalen Handel mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen. Alle bis auf das 1988er-Abkommen hat die Schweiz bereits ratifiziert. Die UNO-Drogenpolitik ist sich am wandeln (wenn auch noch langsamer als die Schweizer Drogenpolitik). Da die USA ihre Mitgliederbeiträge nicht bezahlt haben, sind sie aus verschiedenen UNO-Kommissionen geflogen. Das könnte zu einer Erneuerung führen, zumal die UNO in den letzten Jahren neben der Repression auch Erziehung, Prävention und Therapie als Elemente der Drogenpolitik erwähnt hat.
Als Mitglied der UNO kann die Schweiz ihre viel weiter gediehene Drogenpolitik dem Rest der Welt sicher besser erklären als wenn sie weiterhin aussen vor wäre. Ob sich aber die internationale Drogenpolitik wirklich weg von der reinen Repression zu einer intelligenteren Politik bewegt, so wie es die Schweiz zumindest versucht, ist noch völlig offen.
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