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Dies ist der dritte und letzte Bericht über die Cannabis-Studie der SFA (Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme). Es geht um das Image der Kiffenden und um die Meinungen über die cannabispolitischen Alternativen der Zukunft.
Image ist alles! Tönt sehr nach Werbung. Ich weiss gar nicht mehr woher dieser Slogan stammt - und ich möchte ihm auch nicht gerne zustimmen, aber gerade in der Politik könnte es schon so oder ähnlich sein. Images sind allerdings, wie das Wort schon sagt, nur Bilder, die wir von meist unbekannten Personen haben, also Projektionen oder Scheinbilder. Diese sind in einer medialen Welt, wo eben nicht jeder Politiker persönlich befragt werden kann, Transportmittel für die Meinungsbildung. Um Entscheidungen schneller zu treffen, bilden wir uns durch verschiedenste Informationen (Vor)-Urteile. Wir alle haben vorgefertigte Labels, die wir Unbekannten anheften, sonst wären wir sehr viel langsamer in unseren Entscheidungen.
In der Befragung der SFA hat man sich auf acht Adjektive als Beschreibungsmöglichkeiten beschränkt. Sicher, hier wären viele Fragen denkbar - auch ich hätte gerne noch mehr oder eben auch die Meinung zu anderen «Labels», die man den Kiffenden anhängt, gewusst.
Es ist zu sehen, dass die älteren Befragten die Konsumierenden von Cannabis eher als leichtsinnig und unvernünftig empfinden. Ein wenig neugierig werden die Kiffenden wohl sein, aber auch falsch informiert - warum würden sie sonst etwas Schädliches tun? Nun ja, die Jungen haben nur für «neugierig» leicht positiv, also zustimmend geantwortet. Bei den «Labels», denen nicht zugestimmt wurde, sind da schon mehr Gemeinsamkeiten zwischen den Generationen zu erkennen. So werden Cannabiskonsumierende nicht als cool oder mutig angesehen. Erleichtert können Kiffende auch zur Kenntnis nehmen, dass sie nicht als kriminell bezeichnet werden – es genügt, wenn viele so behandelt werden…
Diese (Negativ-)Images werden von den Jüngeren um einiges deutlicher abgelehnt. Die grössten Meinungsverschiedenheiten zwischen den Generationen finden sich bei der Leichtsinnigkeit und der falschen Informiertheit.
Bei etlichen Ergebnissen dieser Studie fiel der Unterschiede zwischen den Sprach- und Kulturräumen innerhalb der Schweiz auf. Auch das Image der Kiffenden ist da keine Ausnahme. In der Deutschschweiz gelten die Kiffenden als eher neugierig und etwas unvernünftig, während sie in der Romandie als leichtsinnig angesehen werden. In allen Landesteilen hält man Kiffende nicht für uninformiert. Sie gelten aber weder als cool, noch mutig, noch als kriminell.
Die Revision des Betäubungsmittelgesetzes macht ab und zu mal wieder kleine Fortschritte. Endlich kommt das Ganze ins Parlament, um heftig diskutiert zu werden. Bis zum Abschluss, also einer Abstimmung, wird es allerdings immer noch Jahre dauern. Da kommt die Sondierung bei den in der Studie Befragten gerade recht. Es ist ein Vorgeschmack auf die «Volksmeinung», auch wenn im Bericht der SFA betont wird, dass aus diesen Ergebnissen keine Folgerungen für eine etwaige Abstimmung gezogen werden können. Dies leuchtet auch ein, da die Befragten zu jedem der verschiedenen Modelle ihre Meinung äussern sollten und ihnen die vier Optionen nicht als Alternativen vorgelegt wurden.
Durch diese Einstellungsfragen soll also abgeschätzt werden, wie hoch die Offenheit gegenüber dem Konsum von Cannabis in der Bevölkerung ist bzw. ob sich verschiedene Bevölkerungsteile eine Liberalisierung im Bereich Cannabis(-konsum) vorstellen können oder ob sie lieber weiterhin an einem Verbot festhalten wollen.
Die Antworten auf diese Frage zeigen recht klar, dass die Meinungen für und gegen eine Liberalisierung geteilt sind. Es wären durchaus auch drei fast gleich grosse Gruppen vorstellbar gewesen:
Die «Liberalisierungsbefürwortenden», die «Repressionsbefürwortenden» und die «Unentschlossenen». Hier sehen wir aber, dass sich nur eine schwache Mehrheit für eine Liberalisierung aussprechen würde. Die Gegnerschaft ist nicht sehr viel kleiner. Es bleibt ein kleiner Anteil an Unentschlossenen - laut SFA ein Indiz dafür, dass die Meinungen schon gemacht sind.
Der Bericht zur Studie befasst sich im Weiteren mit den Unterschieden bezüglich Geschlecht, Alter, Sprachregion und Bildung. Männer scheinen einer Liberalisierung offener gegenüber zu stehen als Frauen. Auch befürworten eher Jüngere eine liberalisierte Variante als die ältere Generation. In der Deutschschweiz findet ein toleranter Umgang mit Cannabis (konsumierenden) mehr Zustimmung als in der Romandie und im Tessin. Bessergebildete wünschen eher eine Liberalisierung als Menschen mit einem kleineren Schulsack. Doch sind diese Ausschnitte aus dem Ganzen nicht als zu starr zu sehen - die Unterschiede sind je nach Modell und Gruppe recht gering. Und doch ergeben sich erstaunliche Details: so stimmen die 15- bis 19-Jährigen mit 40% dem heute herrschenden Verbotsmodell zu, während die nur wenig älteren 20- bis 24-Jährigen nur zu 32% für die Prohibition sind. Diese wachsende Liberalität in der Zeit zwischen Jugend und Erwachsenwerden wird im Bericht auf den wahrscheinlich wechselnden Einfluss von Eltern und Gleichaltrigen zurückgeführt.
Um die Meinung der Menschen über Cannabis bzw. über den zukünftigen Umgang mit dessen Konsumierenden noch besser herauskristallisieren zu können, wurden den Studien-TeilnehmerInnen noch zusätzliche Detailfragen vorgelegt. So soll klarer werden, warum das eine oder andere Modell bevorzugt wurde.
Wenn es um die Vorbildfunktion für die Jugend geht, verstehen viele keinen Spass mehr – also sollte auch ein legaler Cannabiskonsum lieber nicht in der Öffentlichkeit stattfinden. Steht allerdings eine eigenständige Politik der Schweiz auf dem Plan, so bekennt man sich gegen internationale Abkommen zu einer liberaleren Cannabispolitik, auch wenn in dieser Frage der höchste Anteil an Unentschlossenen vorliegt. An eine Abschreckung durch das Verbot wird nicht geglaubt, was einem die heutige Situation auch zeitweilig eindrücklich vor Augen führt. Der Mythos der Einstiegsdroge Cannabis lebt weiter in den Köpfen vieler Menschen, aber immerhin wurde eingesehen, dass das Verbot vielleicht gerade Jugendliche locken könnte. Da ist es immerhin erfreulich, dass nicht die Polizei als Lösung der Probleme in Betracht gezogen wird.
Nur bei der Frage ob die Legalisierung den Konsum fördern würde, gab es keine auch noch so kleine Mehrheit. Doch gewisse Antworten kann ja nur eine Legalisierung geben, sonst können solche Fragen gar nie realistisch beantwortet werden. Nur eine knappe Mehrheit befürwortet den Eigenanbau – eigentlich schade, denn gerade dies wäre eine der Möglichkeiten, die Konflikte rund um die Beschaffung von Cannabis ruhig und pragmatisch angehen zu können.
Soviel zur äusserst interessanten und meiner Meinung nach auch sinnvollen Cannabis-Studie, die die SFA uns beschert hat. Diese und auch andere aktuelle Arbeiten über Cannabis und dessen Konsum zeigen zudem, dass das Thema nicht mehr länger als unwichtig und vernachlässigbar gilt - die Bevölkerung ist durchaus daran interessiert, was denn so beim Hanf alles abgeht, oder eben auch nicht. Wie schon angetönt wird trotzdem noch einige Zeit vergehen, bis das Schweizer Stimmvolk über eine neue Cannabisregelung entscheiden kann. Welches Modell überhaupt zur Debatte stehen wird und welche schon früher vom Parlament gekippt werden, weiss heute noch niemand. Auch wenn aufgrund dieser Studie die Meinungen scheinbar schon gemacht sind, kann noch vieles passieren. In den nächsten Jahren werden viele Jugendliche, die heute Erfahrungen mit Cannabis machen, stimmberechtigt werden, was hoffentlich die «Pro Cannabis»-Stimmenden zusätzlich verstärken wird. Nur dann könnte eine vielleicht sogar magere Verbesserung wirklich gelebte Realität werden. Let’s legalize!
Quelle: «Cannabis auf der Schwelle zum legalen Rauschmittel: eine Repräsentativstudie zum Phänomen „Cannabis“ : Konsum, Einstellungen, Politik» von Richard Müller, Hermann Fahrenkrug, Sandra Müller. SFA, Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme, 2001. (books.google.ch - PDF)
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