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Die BetmG-Revision beginnt wieder von vorn

Nach dem definitiven Scheitern der letzten Betäubungsmittelgesetz-Revision im Juni 2004 hat sich drogenpolitisch Verschiedenes getan. Die Hanfinitiative wurde lanciert und verschiedene Parteien und ParlamentarierInnen haben Vorstösse eingereicht.

Die Ernüchterung bei Reformorientierten Kreisen war im letzten Juni sehr gross. Doch nach monatelangem Diskutieren hinter verschlossenen Türen kommen jetzt die ersten zaghaften Vorschläge, wie es denn nun weitergehen könnte. Nach dem Nationalrat (siehe Legalize it! 31, Seite 6) hat nun auch der Ständerat dem UNO-Übereinkommen über den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln zugestimmt. Damit ändert sich für die aktuelle Schweizer Gesetzgebung nichts, denn unser BetmG ist ein sehr strenges Gesetz. Aber es wird in Zukunft noch enger, wenn die Schweiz Schritte Richtung Entkriminalisierung gehen will. Allerdings wurden auch alle Vorbehalte angenommen, so dass es durchaus Möglichkeiten gibt, vor allem beim Konsum. Beim Handel hingegen wird es fast unmöglich, noch irgendwelche Schritte Richtung Legalisierung zu unternehmen. Damit hat die Schweiz alle drei UNO-Abkommen gebilligt. Doch es scheint, dass eine Neuauflage der Revision des Betäubungsmittelgesetzes möglich ist. Jedenfalls hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N, ja das ist die Kommission des Rates, der im letzten Juni die ganze BetmG-Revision versenkt hatte) am 3. Februar 2005 beschlossen, eine Teilrevision des BetmG vorzuschlagen. Sie soll also nicht mehr alle Punkte der alten Revision enthalten – es soll versucht werden, die mehrheitsfähigen Punkte zusammenzufassen, wie die Medienmitteilung der Kommission vom 4. Februar 2005 zeigt (Unterstreichungen von uns):

«SGK-N will Drogenpolitik neu lancieren

(…) Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) hat am 3. Februar 2005 im Zusammenhang mit verschiedenen Vorstössen zum Betäubungsmittelgesetz (BetmG) erstmals seit dem Scheitern der BetmG-Revision am 16. Juni 2004 im Nationalrat eine drogenpolitische Grundsatzdiskussion geführt.» Vier Geschäfte standen zur Diskussion: Im letzten Legalize it! findest du weitere Informationen zu den drei parlamentarischen Inititativen 04.439, 04.443, 04.459. Als viertes Geschäft behandelte die Kommission die am 15. Juni 2004 von der Schweizer Hanf Koordination eingereichte Petition «Für eine Rechtslage bezüglich Hanf/Cannabis, die der Realität angepasst wird» (04.2014). Weiter in der Medienmitteilung: «Mit 13 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen beschloss die Kommission folgende Kommissionsinitiative:

Teilrevision Betäubungsmittelgesetz

  • Das BetmG soll teil revidiert werden, in dem die mehrheitsfähigen Elemente der am 16.6.2004 gescheiterten Revision (insbesondere 4-Säulenpolitik, Prävention und Therapie, Jugendschutz, Aufgaben des Bundes) zügig gesetzlich verankert werden.
  • Zudem soll die Cannabisfrage unter Einbezug der hängigen parlamentarischen Initiativen aufgenommen und Vorschläge erarbeitet werden.

Damit gibt die Nationalratskommission zum Ausdruck, dass die drogenpolitische Situation heute unbefriedigend ist. Sie will den betroffenen Kreisen klare Signale geben in Bezug auf die Weiterentwicklung der schweizerischen Drogenpolitik mit eindeutigen bundesgesetzlichen Regelungen. Gleichzeitig beschloss die Kommission, die Entscheidungen über die drei traktandierten parlamentarischen Initiativen vorläufig auszusetzen. Für die Weiterarbeit an einer Teilrevision des BetmG braucht es jetzt noch die Zustimmung der ständerätlichen SGK.

Schliesslich nahm die Kommission mit 15 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung von der Petition ohne weitere Folge Kenntnis.»

Tja, das ist halt auch den früheren Petitionen passiert: Sie nehmens zur Kenntnis. Und das wars denn auch… Trotzdem:

Ein zartes Pflänzchen spriesst

Immerhin tut sich wieder etwas in der offiziellen Politik. Die Zustimmung der Ständeratskommission muss zwar noch abgewartet werden, aber es wäre erstaunlich, wenn nun Ständeratsmitglieder Probleme machen sollten – im Ständerat war die alte BetmG-Revision ja immer ohne Aufsehen durchgekommen. Doch es geht halt nicht mehr um sehr viel: Die Verankerung der 4-Säulen-Politik bringt neben einigen schönen Worten in allgemeinen Gesetzestexten konkret vor allem die Verankerung der Heroinabgabe, die nach wie vor auf wackligen rechtlichen Füssen steht. Doch unser Thema, das Kiffen, soll separat davon behandelt werden, aber nicht speditiver, sondern noch langsamer. Denn die Kommission will ja «Vorschläge» erarbeiten. Dabei gibt es ja nun wirklich bereits eine riesige Sammlung solcher Möglichkeiten. Ich hätte jedenfalls einen konkreten Vorschlag: Mehrstufig vorgehen! Zuerst (und sofort!) den Konsum für erwachsene, in der Schweiz wohnhafte Personen in privaten Räumlichkeiten erlauben, ebenso Besitz und Anbau für den Eigenbedarf. Dann könnte man halböffentliche Orte zulassen, wo gemeinsam konsumiert wird. Schliesslich Orte erlauben, wo stark reglementiert gehandelt wird. Von mir aus können ja zwischen den Schritten zehn Jahre vergehen, aber es wäre wirklich schön, die Politik würde einen – wenn auch noch so kleinen – konkreten Schritt tun, statt immer nur darüber zu reden.

Interessante Idee

In solch hoffnungslosen Zeiten tut es gut, wenn in einer Zeitung wenigstens von einer konkreten Idee geschrieben wird. Der Berner Bund vermeldete am 12. März, dass sich in Biel verschiedene Offizielle überlegen, einen Versuchsbetrieb für Cannabisverkauf aufzubauen. Natürlich streng reglementiert und wissenschaftlich überwacht. Doch dazu braucht es eine Bewilligung vom Bund. Es wäre immerhin schon ein erster Schritt, wenn die Bieler Behörden ein Gesuch dazu stellen würden. Ob sich daraus etwas Reales entwickelt oder das Ganze bei einer Idee stehen bleibt – wir sind gespannt.

Zuletzt geändert: 2023/12/22 21:16

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