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Strassenverkehr: Zahlen ohne Schuld

Polizei-Kontrolle am 31.12.2024



In der Nacht vom 31.12.2024 setzte ich mich um ungefähr 03:00 Uhr morgens in mein Auto mit einem Kollegen. Ich bin losgefahren und hatte nach zwei Minuten ein Polizeiauto hinter mir, welches mir gefolgt ist und dabei noch einen gefährlichen Schwenker machte, als ich abbog. Kurz nach diesem Manöver ging das Blaulicht an und ich hielt mein Auto am Strassenrand an (ca. 03:10 Uhr). Zuerst kam ein Polizist ans Fenster und alles war im normalen und freundlichen Bereich von beiden Seiten. Ich hatte meinen Führerausweis nicht dabei, gab also meinen Namen an und der Polizist ging zurück zu seinem Auto, um zu prüfen, ob ich einen Führerausweis besitze. Als er zurückkam, war die Stimmung ganz anders.

Der Stimmungswechsel


Meine Vermutung, die ich jedoch nicht beweisen kann: Der Polizist hat in seinem System gesehen, dass ich vor 5.5 Jahren eine Busse für den Besitz von 10g Hasch bekommen hatte (ohne Konsum) und ich somit ein gefundenes Fressen war. Ich wurde gebeten, aus dem Auto auszusteigen, auf meine Nachfrage wieso, hat es laut ihm im Auto plötzlich stark nach Cannabis gerochen.
 Ausserdem hätte ich gerötete Augen. Ich stieg aus und wurde mehrmals gefragt, ob ich Cannabis konsumiert hätte oder generell konsumieren würde. Dies verneinte ich.

Ein schwacher Verdacht

Später fragte ich nach, was überhaupt der Grund für die Kontrolle sei. Antwort: Ein auffälliges Auto mit zwei jungen Männern sei Grund genug. (Das Auto war ein 3er BMW Baujahr 1990 in originalem Zustand.)
Ich sowie mein Beifahrer wurden komplett durchsucht und abgetastet. Es wurde nichts gefunden, auch keine Papers oder ähnliches Kiffzubehör. Danach wurde mein Auto ebenfalls komplett durchsucht, 20 Minuten lang (ich habe auf die Uhr geschaut). Wie vorher, weder Cannabis noch Zubehör gefunden. Die Polizei war immer noch der festen Überzeugung, ich sei bekifft und nicht in fahrfähigem Zustand. Ich musste diverse Tests machen wie zum Beispiel mit einer Taschenlampe meine Pupillenreaktion testen lassen oder dem Finger des Polizisten mit meinen Augen folgen. Angeblich war beides auffällig. Dann musste ich meine Zunge herausstrecken, wo ein weisser Belag festgestellt wurde. Laut Aussage der Polizisten sei das nur bei Cannabiskonsumierenden der Fall. Die Kontrolle hatte sich mittlerweile schon um die 45 Minuten hingezogen (bis ca. 03:55 Uhr).



Es eskaliert weiter

Der Polizist meinte dann, ich müsste jetzt mit ihnen mit ins Spital, um Blut sowie Urin abzugeben. Ich habe dem nicht zugestimmt. Ich durfte meinen Anwalt kontaktieren sowie meinem Vater Bescheid geben, wo ich überhaupt bin, was los ist und wieso ich noch nicht zu Hause bin.
Nachdem ich dies getan hatte, wurde ich wieder gefragt, ob ich jetzt ins Spital mitkäme, was ich wiederum verweigerte.

Während der ganzen Kontrolle wurde mir Konsum vorgeworfen, ohne Beweis. Ich gab nie etwas zu und sagte nur das Allernötigste, ansonsten verweigerte ich meine Aussage. Die Polizisten kontaktierten dann den Staatsanwalt, welcher eine Blut- und Urinuntersuchung anordnete. Ich wurde dann verhaftet und in Handschellen in das Polizeiauto gesteckt. Ich wurde von Zollikon ins Triemlispital nach Zürich gefahren (Ankunft ca. 04:40 Uhr). Dort angekommen, musste ich Blut abgeben und bei der Urinprobe wollte der Polizist mir noch zuschauen.

Im Spital: keine Auffälligkeiten

Die Ärztin stellte mir dann diverse Fragen – bei vielen verweigerte ich weiterhin die Aussage. Diverse Tests wurden durch die Ärztin durchgeführt, wobei keine Auffälligkeiten festgestellt werden konnten. Um ungefähr 05:45 Uhr durfte ich endlich gehen und erhielt mein Handy und sonstige Gegenstände wieder zurück. 
Die Polizei meinte, sie wären kein Taxi und ich müsse selber schauen, wie ich nach Hause komme, obwohl ich nun wegen ihnen viel weiter weg war. Mein Ausweis wurde mir vorläufig entzogen (hatte ihn allerdings nicht dabei).



Gar keine Substanzen im Blut!

Strassenverkehrsamt: Alles ist ok...

Nach zwei Wochen erhielt ich Post vom Strassenverkehrsamt: Die durchgeführten Tests seien negativ und sie möchten keine weiteren Abklärungen, mein Ausweis sei ab sofort wieder gültig und ich dürfe wieder fahren, was für meinen Beruf als Automechaniker essenziell ist. Das Verfahren wird eingestellt, jedoch werden mir die Kosten auferlegt. Danach hörte ich vier Monate lang gar nichts mehr.



Keine Verdachtsmomente übrig.

...aber die Staatsanwaltschaft will Geld

Dann kam ein Brief von der Staatsanwaltschaft, dass ich nun die Vorverfahrenskosten sowie die Kosten der Untersuchung tragen müsse – und dies, obwohl mein Verneinen des Konsums durch die Untersuchung bestätigt worden war! Die Kosten belaufen sich auf Fr. 1'387.-. Eine happige Summe – ich habe ja schlussendlich nichts falsch gemacht.

Schwammige Verdachtsmomente genügen für die Überwälzung der Kosten.

Rechtsschutz ohne Schutz

Daraufhin kontaktierte ich meine Rechtsschutzversicherung, welche jedoch ziemlich schnell erwiderte, dass ich 500 Franken bekäme, sie mich allerdings nicht vor Gericht verteidigen würden. Denn ich wollte Einsprache erheben und mit einem Anwalt dagegen vorgehen. Dafür ist eine solche Versicherung ja eigentlich da, oder? Als sie merkten, dass ich mich mit den 500 Stutz nicht zufrieden gebe und noch nie einen Anspruch geltend gemacht hatte, erhöhten sie die Auszahlung auf 900 Franken. Oder ich könne auf eigene Kosten einen Anwalt nehmen und falls ich vor Gericht gewinnen sollte, übernämen sie die Kosten dann im Nachhinein. Das könnte allerdings sehr teuer werden und es handelt sich dabei um Geld, welches ich benötige und nicht riskieren kann.



Das ernüchternde Fazit

Obwohl ich nichts falsch gemacht sowie die Wahrheit gesagt habe und dies sogar durch einen angeordneten Test nachgewiesen wurde, muss ich nun zahlen. Dass die Polizisten falsch lagen, wird nicht anerkannt. Dass so etwas in dieser Art und Weise in der Schweiz passieren kann, erschüttert mich. Ich hätte nicht gedacht, dass das so möglich ist. Ich finde das sehr bedenklich, wenn ein Land, das anscheinend so gut, korrekt und korruptionsfrei agiert, einem eigenen Staatsbürger so was antut und das Geld aus der Tasche zieht. Nichts falsch gemacht, teure Untersuchung ohne feste Beweise angeordnet und jetzt muss ich das noch bezahlen. Ich hoffe, mit meiner Geschichte viele Leute zu erreichen, um einfach klarzustellen, was hier so abgeht. Was passieren kann. Denn allen kann ja theoretisch Konsum vorgeworfen werden, auch wenn es keine Anhaltspunkte gibt.

Zahlen ohne Schuld?!

Wenn ein Polizist sagt, es rieche nach Cannabis, stimmt grundsätzlich einfach mal das, was er sagt. Beweisen kann man das ja nicht – es ist Aussage gegen Aussage. Nur wurde meine Aussage bestätigt und die des Polizisten nichtig gemacht. Ist egal, ich muss zahlen! Auch dass meine Versicherung nicht für mich eingesprungen ist, wie ich mir das erhofft hätte, hat mich enttäuscht. Mit so einem Verhalten des Staates und der Polizei finde ich, muss man sich auch nicht fragen, wieso viele Bürger nicht viel von diesen Staatsgewalten halten.



PS

Zum Schluss wurde die Rechnung nochmals um 200 Franken teurer: Es kamen noch weitere «administrative Kosten» dazu. Eine Einsprache dagegen sei «zwecklos».

Zuletzt geändert: 2025/08/22 14:20

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Magazin Legalize it! Nr. 107 - Herbst 2025

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