30 Jahre Legalize it! Ein kurzer Rückblick auf eine lange Zeit

Vieles haben wir erlebt, verfolgt, gestaltet und unterschiedliche Phasen ­gesehen. Etliche Menschen waren aktiv, vielfältige Projekte haben wir ­realisiert. Wir hätten nie gedacht, dass wir 30 Jahre durchhalten – und wir hatten auch einige kritische Momente. Unser Sekretär Sven blickt zurück.

1991 bis 1995 – die Anfänge

Zu fünft gründeten wir 1991 den Verein «KifferInnen Gruppe Legalize it!». Drogenpolitik war damals in aller Munde: Das Elend rund um die offenen Drogenszenen war krass. Wir wollten uns jedoch um den Hanf kümmern. Da wir jung waren, 16 bis 22 Jahre alt, hatten wir nicht viel Geld. Dementsprechend waren all unsere Tätigkeiten Gratisarbeit. Wir organisierten ein ­grosses Gründungsfest, welches uns einen ersten Stock an Franken und Mitgliedern brachte. Wir führten dann Sitzungen und Treffen in verschiedenen Lokalitäten durch, wo wir uns austauschten, die Situation ­besprachen und überlegten, ob wir diese ­verändern könnten. Dazu verteilten wir ­Unmengen an Infoflyern.

Wir waren auch Mitbegründer weiterer ­Organisationen wie der Genossenschaft und dem Verein HanfPlus (die damals schon ein Projekt ähnlich wie die jetzt ­diskutierten Pilotprojekte durchführen ­wollten, allerdings erhielten wir dafür keine Bewilli­gung). Dort entstand die erste Ausgabe des CannaNet-Magazins: ­Zunächst mit grosser Redaktion, aber nach der ersten Nummer schlief diese ­wieder ein.

Nach einigen Jahren zeigte sich, dass die Kontinuität ausschliesslich mit Freiwilligenarbeit schwierig zu gewährleisten war. Das hat sich bis heute bestätigt: Die meisten können ein paar Jahre aktiv sein oder sich ein paar Wochen intensiv für ein ­grösseres Projekt einsetzen (z. B. unsere Frühlingsfeste). Aber dann ziehen sie ­weiter, gründen Familien, machen grosse Reisen, entwickeln andere Interessen usw. Wenn ein Verein aber überleben will, ­müssen mindestens die ­Grundtätigkeiten gewährleistet sein (Post, Infrastruktur, ­Mitgliederstamm, Versände, Archiv). ­Deshalb organisierten wir uns die erste ­bezahlte Stelle.

1996 bis 2000 – erste Professionalisierung

Ab Januar 1996 wurde ich Sekretär unseres Vereins. Das war ein spezielles Jahr, auch für mich: Da habe ich viele andere ­Aktive kennengelernt und zusammen mit der ZAGJP konnten wir die erste Auflage des Shit happens realisieren. In dieser Zeit waren die rechtlichen Fragen immer ­zentraler geworden. Da war wirklich einiges zu entdecken und die Absurdität war und ist in diesem Bereich gross.

Ende 1996 musste ich einen weiteren Job annehmen, denn ganz vom Sekretariatsjob konnte ich nicht leben. In dieser Zeit ­begann auch die Duftsäckchen-Geschichte: Es entstanden immer mehr Läden, die ­Qualitäten wurden immer besser. Es wurde interessanter als in ­Amsterdam.

Wir konnten einen Büroteil mieten, was uns eine stabilere Grundlage gab als die doch recht verstreuten und zeitlich ­beschränkten Treffprojekte. Nun produzierten wir alle drei Monate ein CannaNet, das wir später in Magazin Legalize it! ­umbenannten.

2001 bis 2004 – die grosse Zeit

Die Hanfladenzeit strebte um den Jahrtausendwechsel ihrem Höhepunkt zu. Es war auch für uns «die grosse Zeit». Ich war ­wieder ganz Sekretär (ohne Zweitjob), das ­Legalize it! wurde vierfarbig und in hohen Auflagen produziert.

Unterdessen hatten wir ein paar Vereine parallel am Laufen. 2002 fand ich die Zeit aufzuräumen und das alles in den Verein Legalize it! zu überführen.

Es waren krasse, spannende Jahre. Aber auch ernüchternd: Wir warnten immer ­wieder (z. B. an den Hanftagungen), dass die Ladengeschichte von den ­Behörden auch wieder gekillt werden könnte. Aber glauben wollte uns das kaum jemand.

Die Repression nahm dann ihren Lauf. Bis 2004 wurde Laden um Laden in Kanton um Kanton fertiggemacht. Das Bundesgericht hatte entschieden, dass die Duftsäckchengeschichte eben doch als Drogenhanf zu verfolgen war. Schliesslich gab es kaum noch Läden. Wir nannten es im letzten grossen Legalize it!: The winter’s ­coming on… Mit seinem zweimaligen Nein beerdigte der Nationalrat 2004 dann auch die Hoffnung auf eine Gesetzesänderung.

2005 bis 2008 – es geht zurzeit nicht

Wir veröffentlichten Anfang 2005 auf unserem hanflegal.ch die bisher erschienenen Ausgaben als PDFs. Wir mussten uns ­wieder verkleinern, ich suchte mir eine Zweitstelle und stellte das Legalize it! auf Eigendruck um. Wir starteten nochmals einen Versuch, wieder grösser zu werden (2007), aber es war nicht möglich.

Die verbliebenen Hanfläden hatten es zwar noch geschafft, eine Volksinitiative zu ­sammeln, aber für die Abstimmung 2008 waren kaum noch Mittel da. Aus dieser ­resultierte dann ein klares Nein.

2009 bis 2012 – die Essenz halten

Von 20 auf 15, dann auf 10 Stellenprozente: Ein steter Niedergang bei der Anstellung sowie bei den Mitgliedern war zu verzeichnen. Aber wir konnten die Infrastruktur halten (Datenbank, Büro, ICT, Archiv) und veröffentlichten weiterhin Legalize it!-­Ausgaben und pflegten unser hanflegal.ch, vor allem mit immer wieder aktualisierten rechtlichen Infos.

2012 war dann die Frage: Sollen wir unseren Verein quasi vermodern lassen, was ja vielen Vereinen irgendwann passiert? Oder wenigstens noch einen anständigen Schlusspunkt setzen? Ich nahm also nochmals meinen Mut zusammen, sammelte Geld, kündigte meine Hauptstelle und ­versuchte es ein weiteres Mal.

2013 bis 2015 – der Schlusspunkt?!

Als Schlusspunkt war gedacht, über den Sommer 2013 nochmals ein Shit happens zu produzieren. Dies war und ist für mich das wichtigste und liebste ­Projekt. Mit einem Crowdfunding konnten wir die Druckkosten decken. Nach der ­Herausgabe dieser 9. Auflage geschah zunächst nichts.

Dann brachte 20Minuten einen ziemlich schrägen Artikel und der Tages-Anzeiger eine ganze Seite darüber. Dies führte auf einen Schlag zu vielen neuen Mitgliedern. Es verblüfft mich noch heute. Also ging es ein paar ­Monate weiter, dann ­«erfand» ich die Grossspendenaufrufe – und wie du weisst, führen wir diese seither alle sechs bis zwölf Monate durch. Und jedes Mal hat es wieder gereicht. Dafür bin ich sehr dankbar. Denn sonst wäre diese neue grosse Phase nicht möglich ­gewesen.

2016 bis 2018 – das Initiativprojekt

Dann kam bei Mitgliedern der Wunsch auf, wieder eine Initiative anzugehen. Es trugen sich über 20’000 Unterschriftswillige in der Datenbank ein. Es gab auch einige Spenden. Zeitweise schafften wir für dieses ­Projekt eine zweite Stelle. Doch es reichte nicht, um ein so grosses Projekt erfolgreich zu realisieren. Da auch andere Gruppen (z. B. Jungparteien, IG Hanf) mitmachen wollten, wurde der Verein Cannabis ­Consensus gegründet und wir übergaben dieses Projekt. Ob es allerdings je genug Kräfte für ein ­solches Unterfangen geben wird, ist leider nach wie vor fraglich.

In dieser Zeit liessen wir unser Legalize it! auch wieder extern drucken, weil wir wieder grössere Mengen benötigten. Die Seitenzahl und die Auflage blieben aber tiefer als ganz früher, weil natürlich ­hanflegal.ch und generell alles Elektronische immer wichtiger ­geworden war.

2019 bis heute – die aktuelle Phase

Ab dann konzentrierten wir uns wieder auf die rechtlichen Fragen. Solange das Verbot gilt, ist diese Arbeit nach wie vor die Sinnvollste: Mit den Rechtsauskünften kann ich Menschen in einer schwierigen Lage ­wenigstens konkret helfen. Denn wenn ich in all den Jahren etwas gelernt habe: Die fixe Idee, es werde in der Schweiz nun bald legal, hält sich über die Jahre zwar hart­näckig. Aber die Realität ist eine andere. Es geht nicht vorwärts: Dafür gibt es verschiedene Gründe, auf die ich 2021 vertieft eingehen möchte. Die Repression jedoch ist real. Daher produzierten wir weitere Auflagen des Shit happens (mittlerweile sind wir bei der 13. Auflage angelangt). Aktuell haben wir das Legalize it!-Layout aufge­frischt und ebenso unser hanflegal.ch. Aus dem Versuch, wenigstens einen schönen Schlusspunkt zu setzen, ist nun die längste und grösste Phase geworden. Seit bald acht Jahren bin ich nun wieder ganz für ­unseren Verein tätig. Insgesamt sind es 25 Jahre als Sekretär: eine unglaublich lange, ­spannende und prägende Zeit.

Ganz speziell danke ich Alain, Stefan, Pam, Philip, Tom, Samuel, Merlin, Ramun, Polo, Bruno, Hans, Markus, François, Mauro, Felix, André, Manu, Annemarie, Carmen, Elmar, Hitsch, Juliane, Tünde, Fabian, Ben, Matthias, Sarah, Peter, Priska, Joël, Ruth, C-K, Sheron, Raphael, Rebecca, Sandra, Nino, Markus, Christoph, Lea, Michael sowie allen unseren Mitgliedern. Merci!

Zuletzt geändert: 2023/12/22 21:16

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