Wenigstens eine minimale Freiheit!

Für eine minimale dafür schnelle Cannabis-Entkriminalisierung, bei der die Hanf-Konsumierenden ernst genommen werden und selbständig entscheiden können.

Erste Einschätzung der politischen Entwicklung

Es wird langsam wahrscheinlicher, dass auch in der Schweiz gewisse Schritte Richtung Legalisierung unternommen werden könnten.

Der Bundesrat will zwar erst ab 2031 weiter diskutieren: Die Cannabis-Pilotprojekte und deren Ergebnisse sollen abgewartet werden. Doch die Subkommission der SGK-N hat vor zwei Jahren begonnen, zusammen mit der Verwaltung eine Vorlage für einen neuen Umgang mit Cannabis in der Schweiz zu erarbeiten.

Die Subkommission will wohl ein grösseres Projekt ausarbeiten (sonst wären nach zwei Jahren Resultate zum Vorschein gekommen). Aber ein solches umfassendes Legalisierungsprojekt hat verschiedene Probleme: Umgang mit den internationen Verträgen, Verankerung einer Besteuerung in der Verfassung, Ausarbeitung des ganzen Regulierungskatalogs – da gibt es viel zu tun. Und ob dies dann eine Mehrheit im Parlament, in einer Volksabstimmung und auch bei den Ständen erreicht, bleibt sehr fraglich.

Eigenanbau unbedingt legalisieren!

Es scheint vor allem auch so zu sein, dass keine grosse Lust besteht, den Eigenanbau und den gemeinsamen Anbau ohne Profitinteressen zu legalisieren. Stattdessen scheint es eher auf eine staatliche Abgabe über Apotheken hinauszulaufen, mit vielleicht zwei, drei grossen Anbaufirmen. Das finden wir nicht gut. Die Konsumierenden sollen auch mitbestimmen und etwas produzieren dürfen!

Erste Erfahrungen aus dem legalen Verkauf

Wir haben nun erste Erfahrungen im Stadtzürcher Pilotprojekt sammeln können, wo wir einen der Cannabis Social Clubs, das Hanfstübli, betreiben.

Dabei ist der Anbau und der Verkauf strikt getrennt. Jede Packung Cannabis und alle Teilnehmenden werden akribisch erfasst. Die Sorten (neun) und die Lieferanten (zwei) sind vorgegeben, ebenso die Einkaufs- und Verkaufspreise und auch der Ort, an dem die Studienteilnehmenden einkaufen dürfen (es darf nicht zwischen den verschiedenen Apotheken und Clubs gewechselt werden). Es ist also ein sehr starres System. Immerhin kann man so Erfahrungen sammeln und geprüfte, legale Ware an die Studienteilnehmenden verkaufen. Das hat durchaus seinen Wert.

Aber man sieht hier eben auch, dass ein staatlich so stark eingeengtes Setting letztlich keine gute Lösung wäre:

  • Wenn die Anforderungen für das Mitmachen sehr hoch sind, schreckt das viele Konsumierende ab (zum Beispiel Registrierungspflicht, genaue staatliche Erfassung aller Käufe).
  • Wenn jede Cannabis-Packung akribisch erfasst werden muss, hat die Abgabestelle einen unverhältnismässig hohen Aufwand (zum Beispiel aufwändige Nachforschungen bei Fehlern; vor allem, wenn die eingesetzen IT-Systeme unflexibel sind).
  • Wenn Sorten von den Konsumierenden gewünscht werden, diese aber nicht im Angebot sind, dann ist es bei fixen Vorgaben unmöglich, das selbständig zu ändern.

Warum genügt uns das nicht?

Wir wollen, dass Konsumierende als vollwertige Mitglieder dieser Gesellschaft angesehen werden – und auch so behandelt werden.

Cannabis-Konsumierende sollen nicht als Manövriermasse behandelt werden, über die man einfach so bestimmen kann. Wir können selber entscheiden, welche Sorten gut sind, wie angebaut und verarbeitet werden soll, was wir konsumieren wollen. Wir wollen diese Freiheit und diese Selbständigkeit!

Eine grosse Legalisierungsvorlage hat gute Chancen abzustürzen. Und dann gibt es mindestens weitere zehn Jahre einfach gar nichts. Wir sehen die Notwendigkeit, in kleinen Schritten vorwärts zu gehen, die dann auch erfolgreich Mehrheiten finden und in Kraft treten können.

Und selbst wenn eine grosse Legalisierungsvorlage kommen sollte, möchten wir, dass darin auch die persönliche Freiheit von Konsumierenden geschützt wird: Dass eben der Eigenanbau möglich ist, unabhängig vom gewählten Modell des Verkaufs (staatliche Stellen, Apotheken oder konzessionierte Geschäfte). Diese minimale Freiheit wollen wir unter allen Umständen, egal welche Weiterungen es sonst noch geben sollte.

Was wollen wir unbedingt?

1. Entkriminalisierung des Konsums

Die Entkriminalisierung des Konsums (der ja in der Schweiz immer noch strafbar ist) sowie des Besitzes von 100 Gramm für den Eigenbedarf. Beides kann im geltenden BetmG gelöst werden: Einfach die Straflosigkeit des Konsums von Cannabisprodukten aufführen und die bereits heute straffreie, geringfügige Menge von 10 auf 100 Gramm erhöhen.

2. Eigenanbau

Der straffreie Anbau im Rahmen einer Ernte von bis zu 100 Gramm wäre dann ebenfalls möglich. Damit könnten die meisten Konsumierenden ihr Genussmittel legal produzieren und konsumieren. Vor allem jene Konsumierenden, die einen moderaten Konsum aufweisen und die tatsächlich keine Probleme damit haben und keine Probleme damit verursachen.

3. Gemeinsamer Anbau

Der gemeinsame Anbau könnte je nach Kanton (Staatsanwaltschaften, Polizei) toleriert werden, sofern pro Mitglied eines solchen Anbauvereins nicht mehr als 100 Gramm pro Jahr produziert und ohne Profit verteilt werden. Der gemeinsame Anbau ist effizienter als der Anbau alleine und so können einfacher mehrere Sorten produziert werden. Ausserdem ist es ein soziales Unterfangen: Konsumierende können und müssen so eine Kultur entwickeln.

Welche Kultur wollen wir?

Gesetze können sicher gewisse Leitplanken geben. Aber letztlich ist der Konsum von psychoaktiven Substanzen nur dann gut und gesellschaftlich verträglich, wenn es eine Kultur darum gibt, also wenn Menschen eine Praxis entwickeln, innerhalb derer der Konsum risikoarm für die Konsumierenden selber und stressarm für die ganze Gesellschaft organisiert und gelebt wird.

Ein Beispiel: Alkoholkonsum in Restaurants, mit Alterskontrolle und mit einer sozialen Kontrolle wäre ein solches akzeptables Beispiel. Alkoholkonsum auf der Strasse, gekauft in 24/7-Läden zum Billigstpreis, mit Erbrechen und Urinieren in Hauseingänge ist ein nicht akzeptables Beispiel (auch wenn dies heute praktisch legal so getan werden kann).

Wir möchten, dass die Cannabis-Konsumierenden einen Bezug zu ihrem Genussmittel haben. Dafür scheint uns der Eigenanbau und der gemeinschaftliche Anbau eine sehr gute Grundlage zu liefern: Man muss sich damit beschäftigen. Der Austausch in einem Verein über Sorten, Wirkungen und die Entwicklung eines anständigen Umgangs mit Cannabis kann ebenfalls eine Kultur zu entwickeln helfen, die einen vernünftigen Umgang fördert.

Das ist nun nicht nur theoretisch gemeint, sondern ganz konkret:

  • Wenn jemand mitkonsumieren will, gibt es beim Weitergeben eine ganz konkrete Verantwortung (Einschätzung des Gegenübers, Hinweis auf die Stärke des eigenen Materials, bei Unklarheiten kein Mitkonsumieren).
  • Wenn jemand Cannabis-Guetzli hergestellt hat, gilt das in verschärftem Mass (keine Weitergabe ohne Information, keine Weitergabe an unerfahrene Konsumierende, wenn Weitergabe Verantwortung für die Wirkung übernehmen, also dabei bleiben etc.).
  • Rauchen erzeugt Emissionen und kann die Nachbarschaft stark stören. Cannabis essen oder verdampfen erzeugt keinen Rauch, der andere stören könnte. Mittlerweile gibt es sehr gute Verdampfungsvarianten, die auch die Lungen massiv weniger belasten.

Ein Gesetz kann diese Kultur nicht erzwingen, das kann nur gelingen, wenn die Konsumierenden selber eine solche Kultur entwickeln und leben. Dafür müssen sie aber zuerst aus der Kriminalität herauskommen und sich organisieren können. Dann kann eine positive Kultur entstehen: Vorbilder, die verträglich mit Cannabis umgehen.

Können die Konsumierenden das?

Seit 33 Jahren organisieren und beraten wir im Verein Legalize it! Konsumierende. Die allermeisten, weit über 95 %, haben einen unproblematischen Konsum und gehen verantwortungsbewusst mit ihrem Genussmittel um. Viele haben selber Blüten angebaut oder Hasch hergestellt. Das ist tatsächlich keine Hexerei!

Seit einigen Monaten verkaufen wir im Rahmen der Pilotprojekte Gras und Hasch an Studienteilnehmende. Auch hier: Das sind ganz normale Menschen, mit Jobs, Familie und Verantwortungsbewusstsein. Ja, man kann den Konsumierenden den Eigenanbau und die Selbstorganisation tatsächlich zumuten. Wir brauchen keine staatlich penibel vorgeschriebene Vorgehensweise und umfassende Kontrollen. Wir brauchen ebenso nicht einige grosse Firmen, die für uns anbauen, ohne offenzulegen, wie genau.

Klein aber fein

Eine solche Entkriminalisierung des Konsums und der Selbstversorgung ist mit den internationalen Verträgen kompatibel, braucht nur kleine Änderungen in den bestehenden Gesetzen, benötigt keinen Verfassungsartikel und kann also schnell und einfach umgesetzt werden. Dafür scheint uns auch eine Mehrheit zu finden möglich: Dieser Vorschlag ist konkret, begrenzt, einfach und verständlich.

Wir sind bereit, für die Entwicklung einer dementsprechenden Kultur Informationen und Kurse anzubieten:

  • Tipps für einen erfolgreichen begrenzten Eigenbau zusammenstellen (inklusive Varianten für die Samenbeschaffung)
  • Möglichkeiten für einen Konsum aufzeigen, der die Nachbarschaft nicht stört
  • (falls erlaubt) die Grundlagen für eine gemeinschaftliche Produktion entwickeln.

In einem zweiten Schritt kann man dann, nach Abschluss der Pilotprojekte, darüber diskutieren, wie allenfalls Anbau und Verkauf in einem mehr oder weniger kommerziellen Setting geregelt werden sollen. Aber wie gesagt: Da gibt es viel Gesetzgebungsbedarf, viele offenen Fragen und auch die Frage, ob man das dann so wie Alkohol freigeben soll. Hier eine Position zu finden, die dann auch mehrheitsfähig wäre, scheint uns ziemlich schwierig und eher ein langfristiges Unterfangen.

Vorgeschlagene Änderung des Artikels 19b

Wir wollen eine einfache, schnell umsetzbare und verständliche Entkriminalisierung als ersten Schritt.

Dafür schlagen wir vor, den Artikel 19b im Betäubungsmittelgesetz anzupassen. 10 Gramm Cannabis für den Eigenbedarf sind ja bereits heute quasi legal (straffrei), wobei der Konsum zurzeit immer noch strafbar ist (das Bundesgericht hat sich allerdings in mehreren Urteilen dahingehend geäussert, dass man den Konsum von geringfügigen Mengen bereits heute nicht mehr bestrafen sollte – dies ist aber bei den Strafverfolgungsbehörden bisher leider nicht angekommen).

Einerseits geht es darum, die straffreie Menge auf ein sinnvolles Mass zu erhöhen, das mindestens den unproblematischen Konsumierenden erlaubt, ungefähr einen Jahresbedarf legal zu decken (und so den Eigenbedarf auch selber produzieren zu können).

Dazugefügt werden soll ein Satz, der auch den Konsum von geringfügigen Mengen explizit von der Strafbarkeit ausnimmt. Um eine Mehrheit zu finden, kann wohl nur der private Konsum legalisiert werden. Der Konsum in der Öffentlichkeit kann weiterhin, wie heute, mit einer Ordnungsbusse über 100 Franken geahndet werden. Das scheint uns akzeptabel, auch wenn wir uns eine grössere Freiheit wünschen würden.

Auch die Weitergabe bleibt in dieser Minimalvariante wie bisher verboten, ausser für den gleichzeitigen, gemeinsamen, unentgeltlichen Konsum unter Erwachsenen. Jemand, der anbaut, muss also dafür besorgt sein, dass das Cannabis nicht in die Hände anderer gelangt, vor allem nicht zu Jugendlichen.

Bisheriger Artikel im Betäubungsmittelgesetz SR 812.121

Art. 19b

¹ Wer nur eine geringfügige Menge eines Betäubungsmittels für den eigenen Konsum vorbereitet oder zur Ermöglichung des gleichzeitigen und gemeinsamen Konsums einer Person von mehr als 18 Jahren unentgeltlich abgibt, ist nicht strafbar.

² 10 Gramm eines Betäubungsmittels des Wirkungstyps Cannabis gelten als geringfügige Menge.

Revidierter Artikel im Betäubungsmittelgesetz SR 812.121

Art. 19b (revidiert, Änderungen fett)

¹ Wer nur eine geringfügige Menge eines Betäubungsmittels für den eigenen Konsum vorbereitet oder zur Ermöglichung des gleichzeitigen und gemeinsamen Konsums einer Person von mehr als 18 Jahren unentgeltlich abgibt, ist nicht strafbar.

² 100 Gramm eines Betäubungsmittels des Wirkungstyps Cannabis gelten als geringfügige Menge. Der Konsum von geringfügigen Mengen von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis ist im Privaten nicht strafbar.

Bisheriger Eintrag in der Ordnungsbussenverordnung (OBV) SR 314.11

Diese Bestimmung würde in Kraft bleiben und es weiterhin ermöglichen, unerwünschten Konsum in der Öffentlichkeit zu ahnden. Zum Verständnis: Diese Bestimmung bezieht sich auf den polizeilich direkt festgestellten Konsum, also faktisch auf den Konsum in der Öffentlichkeit.

VIII. Betäubungsmittelgesetz vom 3. Oktober 1951 (BetmG) Fr.
8001. Unbefugter vorsätzlicher Konsum von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis (Art. 19a Ziff. 1 BetmG) 100

Beispiele für einen kleinen Anbau

Anbau soll nicht provozieren, sondern den Eigenbedarf decken. Auch kleine Pflanzen können schöne, harzige Blüten produzieren. Hier ein paar Beispiele für den Anbau auf dem Balkon.

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Wir sind daran, auch den Minigrow drinnen zu dokumentieren. Indoor ist allerdings aufwändiger und ressourcenintensiver. Wir würden outdoor vorziehen, aber indoor kann natürlich noch diskreter sein.

Zuletzt geändert: 2024/04/01 20:19

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