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thc_recht:li400405 [2013/09/23 12:06] – [Die erste Studie] fabianthc_recht:li400405 [2019/05/07 15:52] sos
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 **Der Versuch, ein Verbot durchzusetzen, kostet Geld. Zwei Studien versuchen, den Aufwand zu beziffern. Wir vergleichen die beiden Ansätze. Und wir fragen uns: Lohnt sich der Aufwand? Oder wird schlicht Geld zum Fenster herausgeworfen? Klar ist: Es geht um viel Geld.** **Der Versuch, ein Verbot durchzusetzen, kostet Geld. Zwei Studien versuchen, den Aufwand zu beziffern. Wir vergleichen die beiden Ansätze. Und wir fragen uns: Lohnt sich der Aufwand? Oder wird schlicht Geld zum Fenster herausgeworfen? Klar ist: Es geht um viel Geld.**
  
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 Laut Betäubungsmittelgesetz ist der Umgang mit THC-Produkten für fast alle vollständig verboten. Darauf stützen sich Polizei und Justiz und produzieren jedes Jahr gegen 40’000 Verzeigungen in diesem Bereich. Die Verfolgung der Handeltreibenden und der Konsumierenden soll dabei nicht Selbstzweck sein. Der Sinn dieses Aufwandes ist, die Kosten fürs Handeltreiben oder Konsumieren so zu erhöhen, dass sich weder Handel noch Konsum lohnen. Es soll also weniger (oder am besten eben gar keine) THC-Produkte im Angebot haben, und die THC-Konsumierenden sollen mit der Repression vom Konsum abgeschreckt werden. Laut Betäubungsmittelgesetz ist der Umgang mit THC-Produkten für fast alle vollständig verboten. Darauf stützen sich Polizei und Justiz und produzieren jedes Jahr gegen 40’000 Verzeigungen in diesem Bereich. Die Verfolgung der Handeltreibenden und der Konsumierenden soll dabei nicht Selbstzweck sein. Der Sinn dieses Aufwandes ist, die Kosten fürs Handeltreiben oder Konsumieren so zu erhöhen, dass sich weder Handel noch Konsum lohnen. Es soll also weniger (oder am besten eben gar keine) THC-Produkte im Angebot haben, und die THC-Konsumierenden sollen mit der Repression vom Konsum abgeschreckt werden.
 Doch aus Vergleichen zwischen unterschiedlich repressiven Ländern weiss man, dass die Stärke der Verfolgung praktisch keinen Einfluss darauf hat, wie viele Menschen schon einmal THC-Produkte konsumiert haben. Diese Lebenszeitprävalenz ist zum Beispiel in Holland (mit einer weitgehenden Duldung von Konsum und Handel) um einiges tiefer als in der Schweiz. Doch aus Vergleichen zwischen unterschiedlich repressiven Ländern weiss man, dass die Stärke der Verfolgung praktisch keinen Einfluss darauf hat, wie viele Menschen schon einmal THC-Produkte konsumiert haben. Diese Lebenszeitprävalenz ist zum Beispiel in Holland (mit einer weitgehenden Duldung von Konsum und Handel) um einiges tiefer als in der Schweiz.
  
-==== Der Nutzen des Konsums ====+===== Der Nutzen des Konsums =====
  
 Anders herum gesagt: Konsumiert wird, weil die Konsumierenden dadurch sehr gute Gefühle bekommen. Der THC-Genuss bringt den Konsumierenden also eine Verbesserung ihrer Lebenslage. Der Konsum ist nicht irrational, sondern vernünftig und bringt einen Zugewinn an Lebensgenuss. Daher sind die Konsumierenden ziemlich unempfindlich gegenüber den Verfolgungsmassnahmen. «Legal, illegal, scheissegal» lautet für viele nach wie vor das Motto.  Anders herum gesagt: Konsumiert wird, weil die Konsumierenden dadurch sehr gute Gefühle bekommen. Der THC-Genuss bringt den Konsumierenden also eine Verbesserung ihrer Lebenslage. Der Konsum ist nicht irrational, sondern vernünftig und bringt einen Zugewinn an Lebensgenuss. Daher sind die Konsumierenden ziemlich unempfindlich gegenüber den Verfolgungsmassnahmen. «Legal, illegal, scheissegal» lautet für viele nach wie vor das Motto. 
  
-==== Der Unsinn der Repression ====+===== Der Unsinn der Repression =====
  
 Studien zeigen, dass eine Verdoppelung der Repressionsmassnahmen eine Reduktion des Konsums um rund 16% bringt und eine Verdoppelung der Bussenhöhe sogar nur 0.8% weniger Konsum bewirkt. Studien zeigen, dass eine Verdoppelung der Repressionsmassnahmen eine Reduktion des Konsums um rund 16% bringt und eine Verdoppelung der Bussenhöhe sogar nur 0.8% weniger Konsum bewirkt.
 Obwohl die Verzeigungsraten wegen THC-Konsums seit Jahren immer weiter ansteigen, steigt eben auch die Anzahl der Menschen an, die schon einmal konsumiert hat. Die Repression hat also nicht zur Folge, dass weniger Menschen mit THC-Produkten in Kontakt kommen. Sondern es scheint so zu sein, dass je mehr Menschen verzeigt werden, desto mehr konsumieren auch... Oder umgekehrt, je mehr Menschen konsumieren, desto mehr werden halt verzeigt. Man kann die Zahlen auf beide Arten verstehen. Doch für beide Sichtweisen gilt: Die Repression ist schlicht sinnlos, weil sie ihr Ziel (Angebot und Nachfrage zu reduzieren) klar verfehlt. Allerdings ist sie nicht gratis zu haben, sondern kostet Geld. Geld, das die Steuerzahlenden aufbringen müssen. Geld, das an anderen Orten fehlt und dort etwas Sinnvolles bewirken könnte. Obwohl die Verzeigungsraten wegen THC-Konsums seit Jahren immer weiter ansteigen, steigt eben auch die Anzahl der Menschen an, die schon einmal konsumiert hat. Die Repression hat also nicht zur Folge, dass weniger Menschen mit THC-Produkten in Kontakt kommen. Sondern es scheint so zu sein, dass je mehr Menschen verzeigt werden, desto mehr konsumieren auch... Oder umgekehrt, je mehr Menschen konsumieren, desto mehr werden halt verzeigt. Man kann die Zahlen auf beide Arten verstehen. Doch für beide Sichtweisen gilt: Die Repression ist schlicht sinnlos, weil sie ihr Ziel (Angebot und Nachfrage zu reduzieren) klar verfehlt. Allerdings ist sie nicht gratis zu haben, sondern kostet Geld. Geld, das die Steuerzahlenden aufbringen müssen. Geld, das an anderen Orten fehlt und dort etwas Sinnvolles bewirken könnte.
  
-==== Die erste Studie ====+===== Die erste Studie =====
  
 Die Kosten für die Verfolgung des THC-Genusses lassen sich laut der 1. Studie folgendermassen für das Jahr 2003 abschätzen.  Die Kosten für die Verfolgung des THC-Genusses lassen sich laut der 1. Studie folgendermassen für das Jahr 2003 abschätzen. 
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 Im __Total__ ergeben sich laut der ersten Studie über **eine Milliarde Franken**, die gesamthaft in der Schweiz 2003 für die THC-Repression aufgewendet wurden. Im __Total__ ergeben sich laut der ersten Studie über **eine Milliarde Franken**, die gesamthaft in der Schweiz 2003 für die THC-Repression aufgewendet wurden.
  
-==== Die zweite Studie ====+===== Die zweite Studie =====
  
 In der bundesrätlichen Botschaft zur Initiative ist ebenfalls von den Kosten der Repression die Rede. Dort steht: «Die Kosten für Repressionsmassnahmen beliefen sich im Jahr 2003 auf schätzungsweise 74.8 bis 106.5 Mio. Franken.» Wie kommt nun die Verwaltung auf diese viel tieferen Zahlen? Dazu haben wir die zweite Studie organisiert und gelesen, die diese Beträge ausrechnete. Sie geht zwar meistens von den gleichen Grundzahlen aus, kommt aber wegen anderer Annahmen auf viel geringere Beträge. In der bundesrätlichen Botschaft zur Initiative ist ebenfalls von den Kosten der Repression die Rede. Dort steht: «Die Kosten für Repressionsmassnahmen beliefen sich im Jahr 2003 auf schätzungsweise 74.8 bis 106.5 Mio. Franken.» Wie kommt nun die Verwaltung auf diese viel tieferen Zahlen? Dazu haben wir die zweite Studie organisiert und gelesen, die diese Beträge ausrechnete. Sie geht zwar meistens von den gleichen Grundzahlen aus, kommt aber wegen anderer Annahmen auf viel geringere Beträge.
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 __Total__ kommt die zweite Studie so auf 74.8 bis **106.5 Mio. Franken**, die jährlich für die THC-Repression aufgewendet werden. Das ist gut zehn Mal weniger als in der ersten Studie.  __Total__ kommt die zweite Studie so auf 74.8 bis **106.5 Mio. Franken**, die jährlich für die THC-Repression aufgewendet werden. Das ist gut zehn Mal weniger als in der ersten Studie. 
  
-==== Was stimmt nun? ====+===== Was stimmt nun? =====
  
 Die zweite Studie unterschätzt die Kosten mit Sicherheit. Nur schon durch ihren Ausschluss aller Gerichtsverhandlungen und Verzeigungen, die noch mit anderem als THC zu tun haben, unterschlägt sie offensichtlich einen Teil der Kosten. Denn auch wenn die sonstigen Straftatbestände auch unter legalen THC-Bedingungen verfolgt werden müssen, so braucht doch auch jede Verzeigung, jeder einzelne Straftatbestand halt seine Bearbeitungszeit. Und damit verursacht er Kosten. Diese Studie hat allerdings einen speziellen Ansatz: Sie will das Einsparpotenzial beziffern, das sich bei einer Legalisierung ergeben könnte und rechnet quasi die «Nettokosten» zusammen. Die zweite Studie unterschätzt die Kosten mit Sicherheit. Nur schon durch ihren Ausschluss aller Gerichtsverhandlungen und Verzeigungen, die noch mit anderem als THC zu tun haben, unterschlägt sie offensichtlich einen Teil der Kosten. Denn auch wenn die sonstigen Straftatbestände auch unter legalen THC-Bedingungen verfolgt werden müssen, so braucht doch auch jede Verzeigung, jeder einzelne Straftatbestand halt seine Bearbeitungszeit. Und damit verursacht er Kosten. Diese Studie hat allerdings einen speziellen Ansatz: Sie will das Einsparpotenzial beziffern, das sich bei einer Legalisierung ergeben könnte und rechnet quasi die «Nettokosten» zusammen.
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 Was jedoch sehr sicher ist: Unser Staat gibt jährlich hunderte Millionen Franken für die Repression gegen THC aus! Und: Auf alle Fälle wird sehr viel Geld in die Repression gesteckt, ohne dass gesellschaftlich gesehen Sinnvolles dabei herauskommt.  Was jedoch sehr sicher ist: Unser Staat gibt jährlich hunderte Millionen Franken für die Repression gegen THC aus! Und: Auf alle Fälle wird sehr viel Geld in die Repression gesteckt, ohne dass gesellschaftlich gesehen Sinnvolles dabei herauskommt. 
  
-==== Wer profitiert von der heutigen Lage, wer von einer Legalisierung? ====+===== Wer profitiert von der heutigen Lage, wer von einer Legalisierung? =====
  
 Von der THC-Illegalität profitieren ein Teil der Repressionsorgane (nur Dank dem Verbot beziehen sie ihre Löhne) und die Dealer (nur Dank der Illegalität sind sie im Geschäft). Beide Gruppen haben also ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse an der heutigen Illegalität. Von der THC-Illegalität profitieren ein Teil der Repressionsorgane (nur Dank dem Verbot beziehen sie ihre Löhne) und die Dealer (nur Dank der Illegalität sind sie im Geschäft). Beide Gruppen haben also ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse an der heutigen Illegalität.
 Die THC-Geniessenden und die Gesellschaft hingegen haben ein grosses gemeinsames Interesse an einer Legalisierung. Für die Konsumierenden: Die Qualität wäre besser; es gäbe keine Verfolgung mehr. Für die Gesellschaft: Die Kosten des Konsums würden von den Konsumierenden selber bezahlt und nicht mehr von der Allgemeinheit; es braucht weniger Steuergelder für die Polizei; es gibt weniger Kriminalität. Die THC-Geniessenden und die Gesellschaft hingegen haben ein grosses gemeinsames Interesse an einer Legalisierung. Für die Konsumierenden: Die Qualität wäre besser; es gäbe keine Verfolgung mehr. Für die Gesellschaft: Die Kosten des Konsums würden von den Konsumierenden selber bezahlt und nicht mehr von der Allgemeinheit; es braucht weniger Steuergelder für die Polizei; es gibt weniger Kriminalität.
  
-==== Besteuerung statt Repression! ====+===== Besteuerung statt Repression! =====
  
 Es wäre also sehr viel vorteilhafter für die Gesellschaft, wenn THC-Produkte legalisiert würden und in der Höhe der effektiven Kosten besteuert würden: Es wäre also sehr viel vorteilhafter für die Gesellschaft, wenn THC-Produkte legalisiert würden und in der Höhe der effektiven Kosten besteuert würden:
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-==== Unsere eigene Rechnung ====+===== Unsere eigene Rechnung =====
  
-Wir versuchen eine eigene Einschätzung  der Kosten aus der Praxis heraus. +Wir versuchen eine eigene Einschätzung der Kosten aus der Praxis heraus. 
 Jede Verzeigung wegen __THC-Konsums__ muss entdeckt werden (Annahme: das braucht im Schnitt eine Stunde Patrouille von zwei Beamten), dann muss die Person angehalten, kontrolliert, befragt und zum Unterschreiben des Protokolls bewegt werden. Gelegentlich ist auch eine Mitnahme auf den Posten und eine Leibesvisitation zu organisieren. Ausserdem muss ein Bericht erstellt werden, die beschlagnahmten Gegenstände müssen abgelegt und später vernichtet werden, die Geschäftskontrolle muss erledigt werden (Annahme: im Schnitt zwei Stunden Arbeit für zwei Beamte). Dann muss ein Strafbefehl formuliert und erstellt werden, versandt werden und das Inkasso überwacht und gelegentlich Betreibungen und Ähnliches organisiert werden (Annahme eine Stunde Arbeit). Jede Verzeigung wegen __THC-Konsums__ muss entdeckt werden (Annahme: das braucht im Schnitt eine Stunde Patrouille von zwei Beamten), dann muss die Person angehalten, kontrolliert, befragt und zum Unterschreiben des Protokolls bewegt werden. Gelegentlich ist auch eine Mitnahme auf den Posten und eine Leibesvisitation zu organisieren. Ausserdem muss ein Bericht erstellt werden, die beschlagnahmten Gegenstände müssen abgelegt und später vernichtet werden, die Geschäftskontrolle muss erledigt werden (Annahme: im Schnitt zwei Stunden Arbeit für zwei Beamte). Dann muss ein Strafbefehl formuliert und erstellt werden, versandt werden und das Inkasso überwacht und gelegentlich Betreibungen und Ähnliches organisiert werden (Annahme eine Stunde Arbeit).
 Total kommen so sieben Stunden zusammen, mal 35’735 Verzeigungen (Jahrgang 2005), mal 150 Franken (geschätzte Gesamtkosten einer polizeilichen Arbeitsstunde) ergibt somit 37,5 Mio. Franken.  Total kommen so sieben Stunden zusammen, mal 35’735 Verzeigungen (Jahrgang 2005), mal 150 Franken (geschätzte Gesamtkosten einer polizeilichen Arbeitsstunde) ergibt somit 37,5 Mio. Franken. 
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 Damit schätzen wir die __Gesamtkosten__ auf mindestens 250 Mio. Franken pro Jahr, was zwischen den beiden zitierten Studien liegt. Damit schätzen wir die __Gesamtkosten__ auf mindestens 250 Mio. Franken pro Jahr, was zwischen den beiden zitierten Studien liegt.
  
-==== Der Unsinn des THC-Verbotes ====+===== Der Unsinn des THC-Verbotes =====
  
 Hier wird also ein Markt, auf dem rund eine Milliarde Franken pro Jahr umgesetzt werden (für diese Schätzung siehe Legalize it! Ausgabe 38, Seite 6), mit hunderten Millionen Steuerfranken pro Jahr bekämpft. Das dürfte dann wohl ein gutes Beispiel für Verhältnisblödsinn sein. Hier wird also ein Markt, auf dem rund eine Milliarde Franken pro Jahr umgesetzt werden (für diese Schätzung siehe Legalize it! Ausgabe 38, Seite 6), mit hunderten Millionen Steuerfranken pro Jahr bekämpft. Das dürfte dann wohl ein gutes Beispiel für Verhältnisblödsinn sein.
Zuletzt geändert: 2023/12/22 21:16

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