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THC im Blut entscheidet
Verkehrsregelnverordnung VRV, SR 741.11, 1. Teil, 1. Abschnitt, Art. 2, Absatz 2, Punkt a, im PDF (2023) auf Seite 2
Grenzwert für THC im Blut
Verordnung ASTRA zur Strassenverkehrskontrollverordnung, SR 741.013.1, 6. Abschnitt, Art. 34, Punkt a (1.5 Mikrogramm pro Liter), im PDF (2023) auf Seite 12
Eine einzige Zahl aus einem Messgerät entscheidet darüber, ob jemand ein Vergehen begangen hat, selbst wenn sonst nichts vorgefallen ist und selbst dann, wenn in der ärztlichen Untersuchung keine Auffälligkeiten festgestellt werden: die oder der Verdächtige also ziemlich sicher fahrfähig ist.
Schwieriges Thema! Eigentlich muss man sich entscheiden: entweder kiffen oder Auto fahren. Und wir meinen hier nicht eine Nacht abstinent sein und dann hoffen, es komme schon gut. Nein, entweder Auto fahren und nie kiffen oder kiffen, aber dann nie Auto fahren. Alles andere ist sehr riskant.
Die Strafe ist hoch, weil es ja ein Vergehen ist. Es gibt Busse, dazu Geldstrafe, Gebühren und Untersuchungskosten (zusammen schnell über 2’000 Franken), dazu einen Strafregistereintrag, Entzug des «Billetts» für mindestens drei Monate sowie Abklärung der Fahreignung durch das Strassenverkehrsamt.
Früher musste eine Ärztin oder ein Arzt in einer konkreten Untersuchung überprüfen, ob ein Autolenker oder eine Autolenkerin fahrfähig war oder nicht. Doch seit der Einführung der Nulltoleranz im Jahr 2005 genügt der Nachweis von THC im Blut zum Nachweis der Fahrunfähigkeit.
In der Verordnung steht, dass «Tetrahydrocannabinol (Cannabis)» im Blut nachgewiesen zur Fahrunfähigkeit führt. Dies stellt ein Vergehen dar (stark illegal) und wird dementsprechend bestraft. Dazu kommt ein befristeter Ausweisentzug und anschliessend das Verfahren beim Strassenverkehrsamt.
Wenn das Blut im Labor untersucht wird, kann die darin vorhandene Menge an THC bestimmt werden. Angegeben wird sie in Nanogramm pro Milliliter Blut (ng/ml) bzw. Mikrogramm pro Liter Blut (µg/l). (Ähnliches beim Alkohol: Im Blut und im Atem kann der Gehalt an Alkohol bestimmt werden.) Was aber sagt der Wirkstoffgehalt im Blut aus? Kann nun von diesen Werten auf die konkrete Bekifftheit oder Alkoholisierung geschlossen werden? Beim Alkohol sagt der Gesetzgeber Ja und meint, mehr als 0.5 Promille (Blut) bzw. 0.25mg/l (Ausatemluft) seien für das Führen eines Fahrzeuges nicht zulässig. Umgekehrt bedeutet dies, dass jemand mit 0.4 Promille Alkohol Auto fahren darf (ausser Berufschauffeure und Fahrschülerinnen, Fahrlehrer und Begleitpersonen von Lernfahrten).
Bei den illegalen Drogen jedoch soll der Grenzwert null sein bzw. die Grenze von dem, was das Messgerät gerade noch messen kann (etwa ein Mikrogramm pro Liter). Mit der 2005 eingeführten Verordnung genügt also schlicht das Vorhandensein einer äusserst geringen Menge an THC im Blut für die Feststellung der Fahrunfähigkeit: Der Nachweisgrenzwert beträgt 1.5 µg/l. Vom gemessenen THC-Durchschnittswert werden 30 % abgezogen. Ein gemessener Blutwert von 2.2 genügt dann für den Nachweis von THC im Blut und damit ist die Fahrunfähigkeit bewiesen, auch wenn keine Auffälligkeiten beim Lenker / der Lenkerin zu erkennen sind.
Das ist ein extrem tiefer Wert, der nichts mit einer konkreten Bekifftheit / Beeinträchtigung zu tun hat. Denn kurz nach dem Konsum können Werte von dutzenden bis über 100 Mikrogramm pro Liter Blut gemessen werden.
Das ist individuell und nach Konsummenge sehr unterschiedlich. Wer nur alle paar Wochen «eins raucht», ist vielleicht nach sechs Stunden unter diesem Wert. Doch wer täglich konsumiert, weist vielleicht immer einen höheren Wert auf. Dieser würde erst nach mehrtägiger Abstinenz unter 1.5 fallen.
Wer gelegentlich kifft, sollte also vor dem Autofahren mindestens sechs Stunden nicht gekifft haben. Wer regelmässig kifft, gilt hingegen nie als fahrtauglich, ausser er / sie würde drei Tage vor dem Autofahren mit Kiffen aussetzen. Hier sehen wir deutlich, dass die Nulltoleranz weit über das Ziel hinausgeht, nur die fahruntauglichen Kiffenden aus dem Verkehr zu ziehen. Sie verunmöglicht das legale Autofahren für Menschen, die regelmässig THC konsumieren, selbst wenn sie immer eine Nacht zwischen Konsum und Fahren legen!
Anlässe für Polizeikontrollen im Verkehr:
Wenn eine Polizeikontrolle einmal im Gange ist, können Cannabisgeruch, gerötete Augen oder ein Eintrag wegen Cannabis in der Polizeidatenbank bzw. dem Strafregister zu weiteren Abklärungen führen: Durchsuchung des Autos, der Fahrerin, der Beifahrer…
Ein Drogenschnelltest darf eigentlich nur durchgeführt werden, wenn ein konkreter Verdacht auf Beeinträchtigung der Fahrfähigkeit besteht: Kiffen am Steuer, rote Augen, unsichere Fahrweise, unklare Aussprache, Mitführen von Cannabis etc. Faktisch hat die Polizei hier aber einen enormen Spielraum.
Die einen Polizeien führen nach wie vor die Schnelltests durch, die normalerweise THC-COOH im Speichel oder Urin nachweisen. Ist ein solcher positiv, kann eine ärztliche Untersuchung und eine THC-Blutprobe im Spital verfügt werden. Denn THC-COOH ist rechtlich nicht relevant für das Fahren unter Drogen. Hier zählt einzig der THC-Wert im Blut.
Andere Polizeien haben neue Testverfahren eingeführt, die ohne die (ungenauen) Drogenschnelltests auskommen. Dabei wird der Fahrer oder die Fahrerin während dreier Minuten standardisiert durch die Polizei befragt und aufgrund der Antworten und sichtbaren Elemente (Speichelfluss, Augenverhalten etc.) entschieden, ob sie die Person ins Spital zur genaueren Abklärung bringen will. Wenn sie das will, muss die Polizei:
Im Spital werden die Betroffenen durch einen Arzt oder eine Ärztin untersucht und das Ergebnis protokolliert. Diese konkrete Untersuchung hat allerdings im Fall von Drogenkonsum kaum noch Wert. Selbst wenn zum Schluss (wie sehr häufig) «keine Auffälligkeiten» herauskommt, nützt das den Betroffenen nichts: Einzig das Ergebnis des Blutuntersuches entscheidet. (Wenn der ärztliche Untersuch Auffälligkeiten feststellt, kann es jedoch weitere Probleme geben.) Bis das Blut untersucht ist, kann es Wochen bis Monate dauern. Der Führerausweis bleibt eingezogen oder wird unter Vorbehalt wieder zurückgeschickt.
Der THC-Wert ist entscheidend für die konkrete Fahrfähigkeit. OH-THC ist (bisher) nicht relevant. Der THC-COOH-Wert ist für die generelle Fahreignung relevant, er gibt Hinweise zur konsumierten Menge.
Gemessen werden alle drei Stoffe in Mikrogramm pro Liter Blut (µg/l). Hohe Werte sind zum Beispiel 23–7–210, tiefe 2–1–30.
Das Protokoll der Polizei, die Ergebnisse des ärztlichen Untersuches sowie die Resultate der Blutuntersuchung gehen an die Staatsanwaltschaft. Diese erstellt auf deren Grundlage einen Strafbefehl. Dabei gibt es zwei verschiedene Varianten:
⇒ Der THC-Wert im Blut ist unter 1.5 Mikrogramm pro Liter Blut (bzw. 2.2 inkl. Sicherheitsmarge):
⇒ Strafbefehl wegen Konsum
THC im Blut ist zwar nachgewiesen, aber unter der verkehrsrechtlich relevanten Menge. Dennoch ist damit illegaler THC-Konsum bewiesen und dieser wird bestraft (Busse).
Dabei werden die Kosten für den Untersuch (über 1’000 Franken) den Beschuldigten auferlegt, so dass die Rechnung auf über 2’000 Franken zu stehen kommt.
Dies ist zwar nur zulässig, wenn man einen konkreten Verdacht geliefert hat, aber es wird tendenziell einfach mal versucht, den Betroffenen die Kosten aufzuerlegen.
⇒ Der THC-Wert im Blut ist mindestens 1.5 Mikrogramm pro Liter Blut (bzw. 2.2 inkl. Sicherheitsmarge):
⇒ Strafbefehl wegen Fahren unter Drogen
Hier ist der illegale THC-Konsum nur der kleinere Teil der Bestrafung (Übertretung), richtig illegal ist das Fahren unter Drogen (Vergehen). Dieses ist mit einem solchen Wert rechtsgültig nachgewiesen.
Nun gibt es neben einer Busse für den Konsum noch eine Geldstrafe (10 bis 40 Tagessätze) für das Fahren unter Drogen, die Kosten des Spitals sind ebenfalls zu berappen. Der Führerausweis wird für drei Monate entzogen. Es gibt einen Eintrag in das Strafregister, man ist also vorbestraft.
In beiden Varianten wird auch das Strassenverkehrsamt über den Vorfall informiert.
Ein klassischer Fall ist der THC-Konsum draussen, bei dem jemand von der Polizei erwischt wird und in der Befragung zum Beispiel täglichen Konsum gesteht.
Eine deftige Party oder ein lauter Streit zu Hause kann dazu führen, dass die Polizei vorbeischaut und so Kiffutensilien sieht. Dann wird ein Protokoll aufgenommen und ebenfalls nach der Konsumhäufigkeit gefragt.
Oder eine Velofahrerin bzw. ein Fussgänger ist in einen Unfall verwickelt, zum Beispiel auf einem Fussgängerstreifen. Dann werden bei allen Beteiligten Blutproben angeordnet und auch Befragungen durchgeführt.
⇒ Die Polizei verzeigt die Betroffenen je nach Vorfall wegen Konsum, Ruhestörung etc. und erstellt eine Meldung ans Strassenverkehrsamt (wenn diese einen Führerausweis besitzen), auch wenn der Vorfall nichts mit dem motorisierten Strassenverkehr zu tun hatte.
Wenn das Strassenverkehrsamt aus irgendeinem Grund (z. B. Meldung durch die Polizei) informiert wird, dass eine Person mit Führerausweis THC konsumiert(e), überprüft es, ob diese mit ihrem Cannabiskonsum ein Risiko für den Strassenverkehr darstellt. Sollte dies bejaht werden (weil bei der betroffenen Person z. B. Fahren unter Drogen oder regelmässiger Konsum festgestellt wurde), kann ein vorsorglicher Sicherungsentzug erfolgen, also eine Abnahme des Führerausweises auf unbestimmte Zeit.
⇒ Geht es nur um einen gestandenen Konsum von ein oder zwei Mal pro Woche und ist dieser in keiner Weise mit dem Strassenverkehr verbunden, unternimmt das STVA normalerweise nichts. Ebenso, wenn der THC-COOH-Gehalt unter 40 µg/l liegt (falls das Ergebnis eines Blutuntersuches vorliegt). Die Sache ist damit erledigt (bleibt aber in den Akten).
⇒ Wenn THC ab 1.5 µg/l am Steuer rechtsgültig nachgewiesen wurde, wird eine Fahreignungsabklärung veranlasst. Ebenso, wenn das THC unter 1.5 liegt, aber Konsum von mehr als zwei Mal pro Woche gemeldet wird und auch, wenn der THC-COOH-Wert über 40 liegt. Auch das Mitführen von Cannabis erhärtet die Zweifel an der Fahreignung (keine Trennung von Konsum und Strassenverkehr). Dies alles läuft dann unter «Verdacht auf Drogensucht».
Urinkontrolle (negativ auf THC?), evtl. Haaranalyse (bei Verdacht auf andere Substanzen oder Alkoholabhängigkeit) und eine Befragung (Abstinenz gesichert?, rechtliche Vorschriften akzeptiert?, keine erhöhte Gefahr im Strassenverkehr?) fliessen in ein verkehrsmedizinisches Gutachten ein (Kosten über 1’500 Franken). Im Gutachten wird dann empfohlen, ob dem oder der Untersuchten die Fahreignung zugesprochen werden kann und ob es Auflagen dafür geben sollte, die Fahreignung also:
Aufgrund dieses Gutachtens wird der Entscheid des Strassenverkehrsamtes gefällt. Der Führerausweis wird je nachdem:
Eine Urinkontrolle im Spital kostet über 200 Franken und muss meistens einmal pro Monat abgegeben werden. Das ergibt also Kosten von gegen 3’000 Franken pro Jahr. Wenn Urinkontrollen beim Hausarzt abgegeben werden können, geht es massiv billiger (etwa 5 bis 60 Franken, je nach Abrechnungsart).
Letztlich wollen die Behörden schlicht totale Abstinenz sehen, wenn der Ausweis belassen werden soll: negative Urinkontrollen; klare Abgrenzung vom bisherigen Konsum; Einsicht, dass es ohne Konsum im Leben besser geht (mit konkreten Beispielen); dass man mit anderen, abstinenten Menschen Kontakt hat und nicht mehr mit THC-Konsumierenden. Vermehrt wollen sie auch wissen, ob es eine Verlagerung zum Alkoholkonsum gibt (dafür werden dann Haarproben verlangt).
Wurden alle Auflagen erfüllt und wird die Fahreignung uneingeschränkt befürwortet, gibt es den Führerschein ohne Auflagen zurück. Sonst mahlen die Mühlen des Strassenverkehrsamtes weiter.
Da Urinproben sehr lange nach einem Konsum positiv bleiben und der Grenzwert schnell erreicht wird, müssen sich Betroffene hier wirklich überlegen: Führerausweis oder THC-Genuss? Wer «das Billett» behalten will oder muss, kann nicht mehr weiter THC konsumieren. Selbst legale Hanfprodukte ohne psychoaktive Wirkung dürfen nicht mehr konsumiert werden, da auch sie zu positiven Urinproben führen können (siehe Lebensmittel und CBD-Hanf).
Im Blut werden drei Werte bestimmt:
THC: Wirkstoff, rechtlich relevant. Fahren unter Drogen gilt ab 1.5 µg/l als bewiesen.
OH-THC: Wirkstoff, rechtlich nicht relevant.
THC-COOH: Abbauprodukt, rechtlich indirekt relevant, denn über 40 µg/l gelten als Hinweis auf eine mögliche Drogensucht.
Das Strassenverkehrsamt ist zuständig für die Abklärung der generellen Fahreignung, also ob jemand überhaupt noch einen Führerausweis haben darf (Drogensucht schliesst dies aus). Es lässt dazu Gutachten erstellen und verfügt Massnahmen (Sicherungsentzug, kontrollierte Abstinenz).
Die Konsensmeinung in der Rechtsmedizin ist, dass ein Konsum von ein- bis zweimal pro Woche noch knapp tolerierbar ist (gelegentlicher Konsum). Bereits ab drei Mal pro Woche gehen sie von einem «nicht mehr gelegentlichen/häufigen Konsum» aus, der einen Verdacht auf Drogensucht begründen soll.
Die Staatsanwaltschaft führt das strafrechtliche Verfahren. Für die Bestrafung ist nur relevant, ob jemand mit mindestens 1.5 µg/l THC im Blut Auto gefahren ist. Wenn dem so ist, dann erlässt die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl wegen Fahrens unter Drogen (was ein Vergehen darstellt).
Ein Bundesgerichtsurteil relativiert gewisse Punkte.
Das muss aber noch genauer abgeklärt werden, denn die meisten Fälle enden mit einer Verurteilung.
Beim ersten Mal ist die Strafe wegen Fahrens unter Drogen meistens bedingt, man muss also die Kosten für die Tagessätze nicht bezahlen (die Busse, die Gebühren und die sonstigen Kosten aber schon). Doch wenn man während der Probezeit nochmals erwischt wird, kann das schnell enorm teuer werden. In diesem Fall kann der Staatsanwalt die alte Strafe widerrufen und aus dem alten und dem neuen Fall eine neue Strafe bilden.
Ein interessanter Bericht vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Basel zum Thema THC im Blut und Fahrfähigkeit/Fahreignung. Wir möchten aber darauf hinweisen: Das ist ein Diskussionspapier und im geltenden Recht noch nicht umgesetzt!
Faktenblatt THC-Grenzwerte (Kurzversion)
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