Anzeige wegen Besitz von "harten Drogen"

Das Betäubungsmittelgesetz verwirrt immer wieder: die Konsumierenden, die Polizeien, die Staatsanwaltschaften, aber auch die JournalistInnen, die PolitikerInnen und die Wissenschaft… Es ist auch wirklich ein schlechtes Gesetz!

In unseren Rechtsberatungen bekommen wir viele Geschichten zur Repression gegen Hanf mit. Darunter auch immer wieder äusserst merkwürdige Begebenheiten. Hier der Bericht über eine wirklich absurde Polizeikontrolle im Kanton Aargau von Ende 2018.

«Nach meiner letzten Prüfung in diesem Semester ging ich gut gelaunt Richtung Bahnhof. Wie gewohnt waren da die Alkohol- und Methadonabhängigen anzutreffen. Weil die­se dort oft ihre Zeit vertreiben und in der Gesellschaft als Pöbel gelten, obwohl sie selten Ärger machen, ist auch oft die Polizei vor Ort. Auch damals war die Polizei mit sechs PolizistInnen präsent.

Als ich in die Unterführung einbiegen wollte, wurde ich von einem Polizisten angehalten, um bei mir eine Ausweiskontrolle durchzuführen. Ich war etwas erschrocken und habe gefragt, ob was passiert sei. Es ist in einem Aargauer Städtchen nicht normal, an einem Nachmittag, umgeben von sechs Polizeibeamten, seinen Ausweis zeigen zu müssen.

Es sei nur eine Routine-Ausweiskontrolle, ich müsse mir keine Sorgen machen. Ich habe also meinen Ausweis gezeigt, der Polizist hat meine Daten durchgegeben und sofort den Bescheid erhalten, dass ich schon einmal «einen Konflikt mit dem Betäubungsmittelgesetz» hatte. Er fragte mich, ob dies immer noch ein Thema wäre, was ich verneinte.

Daraufhin wurde mein Gepäck durchsucht, auch eine oberflächliche Körperkontrolle wurde durchgeführt. Resultat: Es wurde 1.1 Gramm Haschisch gefunden. Mittlerweile war ich von drei der sechs Polizeibeamten umkreist.

Ich war ziemlich gelassen, obwohl ich es etwas unangenehm fand, am Bahnhof ein bisschen im Versteckten von drei Polizisten gefilzt zu werden. Ich hatte ja meines Wissens höchstens eine Ordnungsbusse von CHF 100.- zu erwarten. Da hatte ich mich wohl geirrt – oder doch nicht?

Der schätzungsweise älteste Polizist wies mich darauf hin, dass der Besitz von Cannabis unter 10 Gramm nicht strafbar sei, bei Haschisch sei dies jedoch etwas anderes, da Haschisch als harte Droge gelte.

Ich war wirklich schockiert, fragte ihn, ob dies sein Ernst sei. Er bejahte dies und meinte, es gäbe deswegen eine Anzeige mit Verfahren und Strafregistereintrag, ich müs­se das Formular für den Strafantrag ausfüllen und das ganze Prozedere. Ich habe noch einmal nachgefragt, ob denn Haschisch vom Gesetz her mit Heroin gleichzusetzen sei. Er bejahte dies. Ich war sprachlos.

Ich wurde noch ein paarmal gefragt, ob ich noch mehr dieser «harten Droge» dabeihabe. Ich verneinte. Sie durchsuchten weiter alles, was ich dabeihatte. Irgendwann gaben sie dann auf, und ich durfte, begleitet von den PolizistInnen, raus aus dem Bahnhof, auf den Vorplatz, wo ihr Auto stand, um das Formular auszufüllen.

Es war wirklich unangenehm – zwischen sechs Polizeibeamten und etwa gleich vielen Junkies – vor dem Campus, wo ich studiere, wie eine Kriminelle behandelt zu werden. Nachdem ich dies zum zweiten Mal angesprochen hatte, durfte ich hinter ein Gebäude gehen, um mich nicht vor allen ProfessorInnen und KommilitonInnen zur Schau stellen zu müssen.

Als die eine Polizistin das Formular, welches ich zusammen mit ihr ausfüllen musste, vorbereitet hatte, musste ich aus meinem «Versteck» wieder herauskommen und vor aller Augen 10 Minuten lang erklären, dass ich keine Frage beantworte. Ich denke, das fand die etwas energische Polizistin nicht so toll, was sie mich auch deutlich spüren und alle im Umkreis von 10 Metern auch hören liess.

Nach der Androhung, dass ich meine Mobil-Nummer nicht angeben müsse, die Polizei mich aber suchen und auch finden werde, habe ich diese widerwillig, aber eingeschüchtert preisgegeben.

Genau auf diese Nummer wurde ich vier Tage nach diesem Vorfall angerufen. Ein Kantonspolizist war am Telefon. Er fragte mich, ob ich am vergangenen Freitag Bekanntschaft mit seinen KollegInnen gemacht hätte. Ich bejahte diese Frage. Er sagte darauf, dass diesen ein Fehler unterlaufen sei und erklärte mir das geltende Gesetz in Bezug auf den Besitz von Cannabis, was auch Haschisch einschliesst.

Aufgrund dessen erhalte ich keine Strafanzeige und auch keine Busse. Die eingezogenen 1.1 Gramm Haschisch werden allerdings vernichtet, wofür mir eine Quittung hätte ausgehändigt werden müssen. Diese Quittung könne er mir auch noch nachträglich zustellen, wenn ich dies wünsche, was ich bejahte.

Der Polizist hat mich noch zweimal danach gefragt, ob ich diese Quittung wirklich will, was mich darauf schliessen liess, dass er dies lieber nicht täte. Ich blieb stur und habe diese in der Zwischenzeit erhalten.

Eine Entschuldigung habe ich nie gehört. Auf meinen Hinweis, dass ich von seinen KollegInnen unbegründet blossgestellt wurde, hat er mir noch einmal das in diesem Zusammenhang irrelevante Gesetz erklärt, welches seine sechs KollegInnen offenbar alle nicht kannten.»

Wieso die PolizistInnen zu der Einschätzung gelangten, Haschisch sei eine «harte Dro­ge», konnten wir nicht klären. Ein Erklärungsansatz: Bei Cannabis ist die Grenze ja 1 % THC, ab dann ist es illegal. Allerdings ist Haschisch immer verboten (egal welcher THC-Gehalt). So ist es in der entsprechenden Verordnung definiert.

Vielleicht hat die Diskussion rund um das legale CBD-Gras bzw. dass CBD-Hasch halt trotzdem immer verboten ist, zu diesem Missverständnis geführt. CBD-Hasch ist zwar ein seltenes Produkt, aber einzelne scheinen das doch produziert zu haben (wobei es schwierig sein dürfte, bei dieser Haschherstellung unter 1 % THC zu bleiben).

Auf alle Fälle spricht ihr Verhalten nicht für die Ausbildung dieser PolizistInnen. Solche Behauptungen sind unprofessionell und pein­lich. Immerhin gab es zum Schluss keine Busse – aber doch sehr zu denken!